GeschichtedesBucheinbandes 285
für die Unterscheidung, von italienischen und französischen Ein-
bänden darstellt. Sie ist die Regel für italienische Erzeugnisse,
während bei den französischen Einbänden von dem auf den
Deckel aufgeklebten Teil des Streifens oben und unten eine Ecke
weggeschnitten ist, so daß er nicht mehr eine rechteckige, son-
n dern eine trapezförmige Gestalt erhält. Gottlieb hat auch diese
trapezförmig zugeschnittenen Streifen näher untersucht und sich
n überzeugt, daß sie sämtlich aus französischen Handschriften
it stammen, wodurch seine Hypothese noch mehr gestützt wird.
Die Majolieinbände haben durchwegs diesen trapezförmigen
t- Ansatzfalz und müssen deshalb als französische Arbeit betrachtet
n werden.
1 Das hier vorkommende Rollwerk, das in Italien als Buchver-
J zierung aufkam, wurde besonders in Lyon häufig angewendet,
wo der lebhaft blühende Handelsverkehr auch die Vermischung
von französischer und italienischer Kunst günstig beeinflußte.
Es bildet im großen ganzen das unterscheidende Merkmal der
Majolibände gegenüber denen Groliers, wo es nur selten vor-
kommt.
u Auch die Bestreuung des Grundes außerhalb des Bandwerkes
2 mit goldenen Punkten ist italienischen Ursprungs und auf den
5 Lyoner Einbänden häufig angewendet worden.
‚X Gottlieb weist demnach einen Teil der Grolier- und Majoli-
a bände Lyon zu.
- Gegen 1540 erscheint das Rollwerk als Umrahmung des Mittel-
| feldes, dann tritt es in das Bandwerk zurück und breitet sich erst
al später wieder gegen die Mitte aus.
r Die schraffierten Stempel, fers azur6s, die auch auf den Majoli-
Q einbänden erscheinen, haben bei den französischen Einbänden in
der Regel schräge zur Blattrippe gezogene Schraffen, während
A die italienischen eine wagerechte Schraffierung bevorzugen. Bei
den ersteren, den Bänden französischer Herkunft, endigen die
an Azure-Stempel überdies in Mauresken.
Da schraffierte Arabesken‘ zuerst (um 1537) bei Holbein auf-
tauchen, nimmt Gottlieb eine direkte Einflußnahme dieses Künst-
lers — der 1538 sich persönlich in Paris aufhielt — auf die fran-
a zösische Buchbindekunst und die Einführung der fers azures an.