Full text: Das königliche Schloss in Berlin

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Provinzialismus auf ihn zurück? Die hohe künftlerifche Bedeutung feines Torgauer Baues läfst es mit einiger 
Berechtigung vermuthen. Durch welche Einflüfle aber hatte er: oder fein Lehrmeifter diefen befonderen 
Stil fich gebildet, der einen ganz beftimmten Frührenaiffance-Provinzialismus ausmacht? 
Italienifche Bezüge, an die man zunächft denkt, weift Torgau und die mit ihm zufammenhängenden 
Bauten nirgends auf; dagegen gehen eine Anzahl architektonifcher Gedanken auf die franzöfifchen Form- 
bildungen der Frührenaiffance zurück. Auch erklärt es fich bei den mannigfachen politifchen Verbindungen 
mit Frankreich, in denen gerade die fächfifchen Fürften als Führer der proteftantifchen Bewegung ftanden, 
auf das naturgemäfsefte, dafs ihre Architekten, von der glänzenden Kunftblüthe am Hofe Franz’ I. angezogen, 
Gich lernend dorthin wandten und nicht in das entferntere und kirchenpolitiich der Heimath feindlich 
gegenüberftehende Italien. Italienifche Künftler felbft aber find in jener erften Zeit der reformatorifchen 
Kämpfe (vor 1550 etwa) meines Wiffens nie in den proteftantifchen Norden gelangt. 
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Südfaffade des Toachim’fchen Baues (Reftauration). 
Dabei ift in unferer Schule nirgends an eine direkte Uebertragung franzöfifcher Formen zu denken, 
fondern die dort gefehenen Motive wirken allein auf die Geftaltung des Stiles ein. Der Umftand, dafs der 
franzöfifche Kalkfteinbau hier in Putzbau, mit Sandftein nur für einzelne Glieder, überfetzt wurde, fowie dafs 
der polychromen Bemalung ein wefentlicher Theil der Gefammtwirkung überlaffen blieb, mufste allein fchon 
einen verändernden Einflufs auf die Auffaffung und Behandlungsweife der. deutfchen Meifter üben. So war 
z. B. der Berliner Bau, wie fchon gefagt, vollftändig farbig behandelt, wofür Nachrichten und erhaltene 
Refte zeugen. Die Statuen und Sculpturen auf der Hoffeite werden ausdrücklich als bunt bemalt bezeichnet. 
Auch fanden fich an den beiden oben erwähnten erhaltenen Reften nach Abnahme fpäterer Umkleidungen 
Spuren einer vollftändigen Färbung. Verfafler fah an der Loggia auf dem Thurm Gold, Roth und Blau, 
welche Farben freilich fchon wenige Tage nach ihrer Blofslegung bis zur Unkenntlichkeit verblafsten. 
Die ältefte Abbildung des Gebäudes auf‘ dem Stich v. J. 1592 zeigt zwifchen den: Fenftern Säulen- 
tellungen, die von ganz flachen, den burgundifchen ähnlichen Bögen ziemlich phantaftifch überdeckt find, 
zwifchen jedem Stockwerk aber breite Ornamentftreifen, theilweife mit figürlichen Darftellungen unter- 
mifcht. Da nun diefes über die ganze Faffade gebreitete Netz von Schmuck auf dem in der Anmerkung 
auf Seite 4 erwähnten Gemälde des fiebzehnten Jahrhunderts bis auf die letzte Spur fehlt, und leere dem
	        
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