Full text: Das königliche Schloss in Berlin

an 
Anfchein nach fälch geputzte Flächen fich an feiner Stelle ausbreiten, fo kann es auch urfprünglich nur aufge- 
malt gewefen fein, wie denn, felbft die rohe Ausführung des Kupferftiches in Betracht gezogen, Formen, wie er 
fie giebt, überhaupt nicht in Stein denkbar find. Wir haben aber gefehen, dafs Berlin kein Schöpfungs-, fondern 
ein abgeleiteter Bau ift, auch hierin wird Theifs nur dem gegebenen Beifpiel der ganzen Richtung gefolgt 
fein. Genauere Unterfuchungen in Torgau, Dresden, Deffau, Altenburg etc. namentlich an Stellen, die vor den 
Witterungseinflüffen durch fpätere Vermauerung gefchützt find, werden über kurz oder lang ficheres ergeben. 
Am meiften in die Augen fallend ift das franzöfifche Vorbild in den reichen durchbrochenen 
Wendelfteinen. Seit Raymond du Temple in der zweiten Hälfte des vierzehnten Jahrhunderts feinen pracht- 
vollen, von Sauval eingehend gefchilderten Treppenthurm im alten Louvre erbaut hatte, war das mit 
plaftifchem Schmuck bekleidete und mehr oder weniger durchbrochene Wendeltreppenhaus in den franzö- 
Der innere Schlofshof. Nach einer Aquarelle vom ıahre 16° 
fifchen Schlöffern heimifch. Die Renaiffance nahm den vorhandenen Gedanken auf und bildete ihn reicher 
durch, fo beifpielshalber in Gaillon, in Blois und in dem glänzenden Schlufsftein der ganzen Entwickelung, 
in dem Treppenthurme des Schloffes Chambord. Deutfchland dagegen ift ohne jede Vorgefchichte für 
diefe grofsartige Ausbildung der Stiege. Selbft noch zu Meifsen, vielleicht dem prachtvolliten Treppen- 
haufe des deutfchen Mittelalters überhaupt, ift die eigentliche Treppe mit ihren Umfafflungsmauern nicht 
das bedeutende, fondern die fich vor derfelben hinziehenden Balkone. Wenn man nun gleich beim Auf- 
treten der Renaiffance: zwei fo prachtvolle Treppenhäufer findet, wie in Torgau und Berlin, fo wird man 
nothgedrungen die Anregung dafür in Frankreich fuchen müffen; auch find an beiden Orten die durch- 
gehenden Eckpfeiler mit Blois übereinftimmend als mehrfach von Horizontalgliederungen durchbrochene, in 
den Füllungen mit Reliefs gefchmückte Pilafter gebildet, ohne dafs fich freilich diefe Uebereinftimmung 
noch weiter im Einzelnen nachweifen liefse. Dagegen ift die Vorliebe der deutfchen Bauten für Pilafter- 
architektur überhaupt, und zwar für den mit ornamentirten Füllungen verfehenen Pilafter, ein beachtens- 
werthes Moment, welches in Italien viel weniger verbreitet war als in Frankreich. Eine deutfche Variante ift 
es dann weiter, wenn das Erdgefchofs der T reppenthürme meift mit rechtwinkeligem Grundrifs gebildet wird, 
und erft über diefem von einer Plattform aus der eigentliche Thurm auffteigt.
	        
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