Full text: Das königliche Schloss in Berlin

»über alle kurfürftlichen Gebäude, befonders aber über das Schlofs zu Köln« übertragen wurde. Sein erftes 
nennenswerthes Werk war das Lufthaus im Luftgarten, welches Merian in feiner Topographie abbildet. 
Das Gebäude ftand bis zum Ende des vorigen Jahrhunderts, wo es Becherer’s Börfe neben dem Dom Platz 
machen mufste. Es war einer jener vielfach bekannten holländifchen Renaifancebauten, eigenartig höchftens 
im Grundrifß, wo. vier achteckige Zimmer um ein kleines, nur als Degagement dienendes Mittelquadrat 
gereiht waren; an der Vorderfront lagen aufserdem zwei quadrate Thürmchen. Das Gebäude war zwei- 
gefchoflig mit flachem, als Altan dienendem Dach. Jonifche Pilafter gliederten die Faffade. Unter den 
Fenftern die in der holländifchen Renaiffance des fiebzehnten Jahrhunderts unvermeidlichen Frucht- 
{(chnüre. Wo keine Fenfter wünfchenswerth waren, vertraten figurengefchmückte Nifchen deren 
Stelle. So war der kleine Bau ziemlich reich behandelt; und doch fällt gerade bei einem folchen 
Werkchen, welches in feiner Beftimmung als. blofser Zierbau der künftlerifchen Phantafıe freien Spielraum 
liefs, der enge Gefichtskreis auf, in dem fich diefe holländifchen Ingenieure — denn das waren fie in der 
That mehr als Künftler — bewegten. Sobald es gilt gröfseren Reichthum zu entfalten, wiederholen fich 
drei Elemente mit merkwürdiger Confequenz: die die Flächen gliedernden Pilafter, welche gern eine rund- 
bogige ftatuengefchmückte Nifche zwifchen fich nehmen, und das ewige Fruchtgehänge. Im Innern bildete 
das Erdgefchofs eine mit Mufchelwerk bekleidete Grotte mit Statuen und Vezirwaffern. In den oberen 
Räumen war eine kleine botanifche Bibliothek aufgeftellt; auch fanden hier öfters mufikalifche Unterhaltungen 
(tatt. Wichtiger als durch feine heut untergegangenen Bauten am Berliner Schlofle ift Memhardt durch die 
Einführung des holländifchen Gefchmackes namentlich in den Gartenanlagen, wie denn die architektonifche 
Eintheilung des kurfürftlichen Luftgartens neben dem Schloffe von ihm herrührte. Es war eine Anlage 
190 M. breit und 630 M. lang, ganz nach holländifcher Art ftreng in Blumen- und Obftgärten gefchieden, 
mit Volieren voll fremder und einheimifcher Vögel, Karpfenteichen, Fontainen, geradlinigen Laubengängen 
und architektonifch gemufterten Teppichbeeten; zwei und zwanzig Marmorftatuen von Dufart (Statue des 
Kurfürften und des. Kurprinzen Karl Emil), Francesco Bönnani und Otto Mangiot, neun und zwanzig ver- 
goldete Bieiftatuen, Copien nach bekannten Werken der Antike und der Renaiffance, und vier Sandftein- 
bildwerke fchmückten den Garten. 1652-53 wurde in demfelben ein etwa 57 M. langes Pommeranzenhaus 
für die Orangerie in Ziegelrohbau errichtet »quo aedificando modo Batavi delectantur« wie der Befchreiber 
ausdrücklich hinzufetzt*), wohl der erfte Ziegelrohbau feit dem Mittelalter in der Mark, und infofern nicht 
ohne Intereffe. Unter Friedrich I. wurde der Garten dann noch reicher und gefchmackvoller ausgebildet. 
Bekanntlich vernichtete König Friedrich Wilhelm I. diefe Anlage feiner feinfühligeren Vorfahren bis auf den 
letzten Stumpf, um einen Exercierplatz daraus zu machen. 
Memhardt’s im Jahre 1659 gegenüber der Breiten Strafse erbautes neues Schlofsportal in dorifcher 
Ordnung hielt Schlüter in feinem erften Projekte für werth, erhalten zu werden. Da aber Memhardt vielfach 
aufserhalb Berlins befchäftigt war, fo übernahm feit 1666, es ift nicht zu fagen auf wie lange Zeit, Philipp 
von Chiefe feine Stelle beim Schlofsbau. Aus Piemont gebürtig war diefer 1660 aus fchwedifchen in kur- 
brandenburgifche, Dienfte getreten, in denen,er fpäter zum Generalquartiermeifter, Oberft und Direktor 
aller Feftungsbauten avancirte. Auch als Künftler finden wir ihn vielfach, u. A. am Schloffe zu Potsdam, 
thätig. In Berlin baute er 1669 den grofsen Joachim’fchen Saal aus. Nach (einer Angabe wurde ver- 
muthlich etwa um diefelbe Zeit die Wafferfeite des Schloffes neu geputzt und zwar in einer in Sgraffito 
hergeftellten Quaderung. 
*) Hortus_berolinenfis .... concinnavit Joh. Sigism. Elshemius 1657, Manufcript auf d. K. Bibl. zu Berlin,
	        
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