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Eitelkeit, fondern vielmehr aus einem völlig richtigen äfthetifchen Empfinden, und kam dem Schlüter’fchen
Theile zu gut, deffen Einheit fo wenigftens einigermafsen gewahrt wurde.
Auch im Innern änderte Eofander an den Abfichtem feines Vorgängers. Schlüter hatte über dem
Portale No. IV. in ‚der Flucht der Paraderäume einen ziemlich quadraten Saal gedacht, wie es fchon der
Ritter- und Elifabethfaal waren; nur wäre diefer noch gröfser geworden. Er war fchon im Rohbau fertig,
als Eofander die Bauleitung übernahm. Es ergiebt fich dies aus dem Umftande, dafs die Wand, welche
heute den grünen Salon von der Bildergalerie trennt, eine dünne, nachträglich erft eingefetzte Fachwerkswand
ift (vergl. den Grundrifs auf Tafel 4). Eofander wußte es durchzufetzen, dafs an Stelle diefes Raumes eine
lange Galerie nach Art der vielbewunderten Apollogalerie des Louvre eingeführt wurde, die fog. Bildergalerie,
deren tiefe, imponirende Perfpektive allerdings den Neigungen König Friedrichs zufagen mufste*). Nur ift
es ein.Irrthum, zu behaupten, dafs diefer Aenderung zu Liebe die Front weiter nach Weften -hinaus geführt
wurde, denn die Galerie liegt noch in den alten. Theilen des Baues. Ihre Decke ftammt, wie allgemein
ıngenommen wird, von Schlüter. Während aber die Decken der übrigen Säle fich bei allem Abenteuerlichen
im Einzelnen durch den glücklichen Wurf des Ganzen auszeichnen, ift offenbar die Phantafie des Künftlers
ür die gefchickte Gliederung. diefer Galerie nicht ausreichend gewefen. Das Dekorationsmoment bilden
faft in der ganzen Ausdehnung des Raumes fchwere Teppiche,. die hier und da von Putten zurückge{chlagen
werden und fo den blauen, Himmel fehen laffen. Die Erklärung, weshalb diefe Arbeit weniger gelang,
liegt auf der Hand, wenn man erwägt, in welcher Zeit und unter welchen Umftänden Schlüter fie gefchaffen.
Der Abbruch der Thurmrefte, die Fortführung der Faffade bis zur- heutigen Ecke der Schlofsfreiheit
und .der Beginn der Fundamentirungsarbeiten am Weftflügel füllte die Baujahre: 1707 und 1708. Im Herbft
des letzteren veranftaltete Eofander, der Vorliebe des Königs für glänzende Feftlichkeiten {chmeichelnd, eine
feierliche Grundfteinlegung. Die beabfichtigte, fpäter nicht zur Ausführung gelangte Errichtung einer
Kapelle in den neuen Theilen bot den Vorwand, da für das feit Jahren fchon bewohnte Gebäude als folches
diefe Grundfteinlegung doch etwas fpät gekommen wäre.
Obgleich Eofander bei dem Arrangement von allerlei Feftlichkeiten und dem inneren Ausbau
kleinerer Schlöffer ein gefälliges Talent gezeigt hatte, fo reichte doch für einen Monumentalbau, wie es das
Schlofs war, feine Kraft nicht aus. Dies zeigte fich in den folgenden Jahren fo recht in der verunglückten
Anlage des grofsen Triumphbogens, welchen er in die Mitte der Weftfront einfchob. Er if nichts, als die
etwas willkürliche Wiederholung des Conftantin-Bogens in Rom, der hier durch die Vergrößerung noch
dazu in feiner äfthetifchen Wirkung verloren hat. Und wie am Aeufseren, fo im Inneren: die grofse Treppe
neben dem Portal, an.und -für fich ein gefilliges, den genuefer Anlagen nachgeahmtes Werk, ift fo ungünftig
beleuchtet, wie es fchwerlich zum zweiten Male anderswo vorkommen dürfte. Da das Treppenhaus zum
gröfsten Theil hinter den Säulen des grofsen Portales verfteckt liegt, fo war die. Zuführung von Licht. nur
von der äufserften Ecke aus möglich, und felbft fo nur durch {fchräg geftellte Seitenwände.
Den erften Entwurf Eofanders zu .diefem Portal hat uns Broebes in einer flüchtigen Skizze, deren
Original übrigens nur das Concept für eine nicht mehr vorhandene Durcharbeitung des Gedankens in grö-
(serem Format war, auf Tafel 45 feines Werkes überliefert. Das in der Auffchrift des Blattes vorkommende
Datum »1715« geht nur auf die Entftehung des Stiches, nicht etwa auf die der Originalzeichnung. Danach
hatte Eofander dem eigentlichem Portale urfprünglich nur die Höhe der beiden unteren Stockwerke geben
wollen, fo dafs noch eine Verbindung der beiden Gebäude-Flügel im dritten, dem Haupt-Gefchoffe möglich
*) Diefe Aenderung legt wenigftens -die Frage nahe, ob Eofander, bei dem Einziehen der Wand zwifchen Haupttreppe und
Schweizerfaal, von der oben die Rede gewefen, etwa auch feine Hand im Spiele gehabt habe.