182 Die Kultur
einzelner, sondern nur als Stammesmitglied. Der Zu-
sammenhang zwischen den Individuen wird als ein noch >
engerer geschildert, als er uns auf höherer Kulturstufe )
entgegentritt. Charakteristisch für die primitiven Ver- .
hältnisse ist ferner die noch wesentlich engere Verkettung
mit der Religion. Religion und Staat sind nicht von-
einander geschieden. Wenig beachtet ist früher die Rolle
gewesen, welche einzelnen Individuen im pPolitischen N
Leben der Primitiven zukommt. Und doch ist sie unter S(
Umständen eine gewaltige. Alle Kolonien besitzenden R
Nationen haben es in schweren Aufständen erfahren, von tr
welcher Bedeutung auch in primitiven Verhältnissen ©
starke und begabte Persönlichkeiten sein können. Sie z
können unter Umständen Reiche von beträchtlicher Aus- \
dehnung gründen, wie solche aus Afrika bekannt sind.
Die Bedeutung einzelner Individuen tritt sogar auf pri-
mitiver Stufe noch sichtbarer zutage als innerhalb höherer u
Kultur, wo ihrer Wirkung in gewöhnlichen Zeiten zahl- SC
lose Schranken entgegenstehen. Dennoch sind alle Aus- is
sagen über die Entstehung des Staates hypothetischer N
Natur. Beobachtet kann sie nirgends werden. Selbst das fe
ist noch nicht wirklich gesichert, daß der staatlose Zu-
stand der Pygmäen allgemein der ursprünglichere ist, D
dazu müßte erst der genealogische Zusammenhang
zwischen ihnen und den großwüchsigen Primitiven zwei- CS
felsfrei geklärt sein. Was uns in der Erfahrung begegnet, gi
sind stets nur Vorgänge in schon vorhandenen staats- pi
artigen Stammesverbänden. al
Die Gewalt ist auch auf höherer Stufe der grund- R
legende staatenbildende Faktor. In der Regel tritt sie W
ihren Lauf in der Form der Eroberung an, kaum je ge- ni
schieht es, daß ein, wenn auch noch so kleines Volk, sich di
auf bloße Drohung hin unterwirft, So stark ist das Be- SC