184 Die Kultur
Ganze Völker tragen hier den Stempel des Herrschertums.
Ein unbändiger Wille zu herrschen, die Welt nach dem
eigenen Wesen zu gestalten, und die tiefe Überzeugung,
dazu in besonderem Maße berufen zu sein, erfüllen sie.
Die vergleichende Betrachtung griechischer und rö-
mischer Porträtköpfe sagt unendlich viel. Die Griechen
haben — bis zu ihren Staatsmännern und Feldherren —
Köpfe, aus deren Zügen Geist und Beweglichkeit des Ge-
fühls spricht. Selbst bei Männern der Tat wie Themistokles
und Alexander dem Großen ist es so. Mit vollem Recht hat
Jakob Burckhardt in seiner glänzenden Charakteristik
des großen Mazedoniers darauf hingewiesen, wie hinter
allen seinen Heereszügen als treibendes Moment nicht nur
militärischer und politischer Machtwille steht, sondern
auch der Wissenstrieb des großen Entdeckers. Die Züge
der Römer sind andere. Harter Verstand und harter
Wille sind in ihnen vorhanden. Nichts von Nachgiebigkeit,
sondern. eine eiserne Sicherheit des eigenen Standpunktes
und Wesens. Doch sind nur wenige Köpfe darunter, die
man als ausgesprochen brutal bezeichnen kann. Aus den
weitaus meisten spricht keine Roheit, vor allem keine
Freude an der Gemeinheit. Die Römer haben nichts
Soldateskahaftes an sich. Auch ist es keine bloß mili-
tärische, d.h. vernunftlose, kurzsichtige Energie, sondern
ein Wille, der mit einem mächtigen praktischen Verstand
sich ‚verbindet. Die Römer sind durchaus nicht ohne In-
telligenz gewesen. Aber diese Intelligenz. war auf prak-
tische Dinge, nicht auf reine Erkenntnis gerichtet. In.die
Gesichtszüge Ciceros, des ersten römischen philosophisch
gerichteten Menschen, geht bereits ein den Griechen ver-
wandtes Geistesmoment ein. Die echten Römerköpfe sind
von nüchternem Verstand. Diese Menschen kannten die
Welt und verfolgten ihre Zwecke mit weitschauender