Fünfzehntes Kapitel
Die apriorischen Weltgesetze und die Sphäre
des Logischen
Wir haben das Ganze der Wahrnehmungswelt durch-
wandert, von der unbeseelten Materie an bis zu den Höhen
der geistigen Kulturentwicklung. Aber das Ganze der
möglichen Gegenstände unseres Erkennens ist damit noch
nicht erschöpft, und ebensowenig ist die Erkenntnis der
Welt selbst damit abgeschlossen.
Alle bisher behandelten Dinge waren Tatsachen, deren
Kenntnis wir der Erfahrung. verdanken, sei es nun
der äußeren oder der inneren Erfahrung. Wir können
aber nach allgemeiner Ansicht einige Sätze über die Wirk-
lichkeit auch aufstellen unabhängig von aller
Erfahrung. Sie sind viel unıfassender als alle Aus-
sagen auf Grund der Erfahrung, die sich immer nur auf
eine einzelne Tatsache oder, wenn sie induktiv verall-
gemeinert werden, meist nur auf eine Gruppe von ihnen
beziehen und dabei gleichzeitig an. Sicherheit einbüßen.
Demgegenüber gelten jene anderen Sätze für das Ganze
der Wirklichkeit und nehmen schlechthin Evidenz und
nicht nur den Charakter induktiver Allgemeinheit in
Anspruch.
Der wissenschaftliche Ort, an dem diese Erkenntnisse
uns entgegenzutreten pflegen, ist die Logik. Freilich
erscheinen sie darin gewöhnlich in verhüllter Gestalt, wie
denn überhaupt die ganze Logik in der Regel nicht zu
einer vollen Klarheit über ihr wahres Wesen und ihre
tiefsten Erkenntnisse gelangt, sondern in oberflächlicher
Oesterreich, Das Weltbild der Gegenwart .
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