9250 Die letzten Probleme
nicht nur „abgeschattet‘“, nicht nur partiell im Bewußtsein,
aber sie existieren anderseits — mindestens großenteils —
doch auch nur als Inhalt des Bewußtseins, sie sind nicht
auch außerhalb seiner. Das hat die Erkenntniskritik von
den Tagen der griechischen Sophistik an erwiesen.
Von vielleicht noch weit größerer Bedeutung als die
Einsicht in den nicht-psychischen Charakter der Emp-
findungsinhalte ist die Erkenntnis, daß es noch eine an-
dere Objektivität als das Konkrete gibt: das Allge-
meine, und daß wir auch zu seiner Erkenntnis imstande
sind. Wenn wir, von einzelnen Erfahrungen ausgehend,
uns den Begriff der Farbe oder des Tones überhaupt ver-
gegenwärtigen oder auch den Begriff des Seins oder der
Einheit, kurz irgendwelche Begriffe, so treten wir dabei
in eine vom Konkreten, Einzelnen gänzlich verschiedene
andere Sphäre über, in die Sphäre des Allgemeinen.
Wenn wir von der Einheit oder der Vielheit sprechen, so
sind damit ja nicht ein bestimmtes einzelnes Objekt oder
mehrere von ihnen gemeint, sondern etwas anderes, ein
Allgemeines oder ein Begriff, unter den ein einzelnes oder
eine Mehrzahl von Dingen nach ihrer arithmetischen Seite
hin fallen. Ebenso ist der geometrische Begriff des Kreises
als des Ortes aller der Punkte, die von einem gegebenen
Punkte die gleiche Entfernung haben, etwas durchaus an-
deres als ein einzelner Kreis oder die Summe aller vor-
handenen Kreise. Er ist das logische Moment, das alle
Kreise zu Kreisen macht. Dieses ihnen allen Gemeinsame,
das Allgemeine, ist in allen Fällen unanschaulicher Natur.
Niemand kann den Begriff des Kreises oder die Zahl
sehen, denn auch die Zahlen 1, 2, 3 usw. sind etwas an-
deres als das „Einssein‘“, „Zweisein‘“. usw., das wir als
eine Art von logischem Moment an Objekten bemerken.
Unrichtig sind auch die Meinungen, die Begriffe seien