276 Die letzten Probleme
Mittel, über einen Fluß zu gelangen, betrachten. Wo wir
die Natur teleologisch zu interpretieren versuchen, wie es
bei den Organismen, den Kristallen u. a. der Fall ist, da
wird uns diese Deutung durch die Struktur der Dinge
selbst nahegelegt. Und wir geben das Erkennen nicht
auf, auch wenn die teleologische Deutung auf Schwierig-
keiten stößt. Die letzte Tendenz der Wissenschaft ist
eben nicht Verstehenwollen, sondern Wissenwollen. Die
erste Frage einer wahrheitsliebenden Metaphysik lautet
nicht: Wie kann ich die Welt als sinnvoil verstehen,
sondern: Ist sie sinnvoll? Welche Eigenschaften besitzt
sie, die diese Antwort zu bejahen bzw. zu verneinen
drängen? —
Wir haben uns in den früheren Teilen des Buches
auf den naiv-realistischen Standpunkt gestellt, der die
Welt der Farben und Töne, wie sie sich unseren Sinnen
darbietet, als die objektive Welt ansieht. Diese naive
Weltansicht hält aber einer näheren Prüfung nicht stand.
Sie wird durch eine solche bis zu einem gewissen Grade
zersetzt. Dieser Umstand hat dazu geführt, daß die ge-
sarate Wissenschaft allmählich in allen Stücken einer zu-
nehmend schärferen Kritik unterzogen worden ist. An
die Stelle naiven selbstvertrauenden Forschens ist eine
Selbstbesinnung getreten, die nach dem Wesen und den
Grenzen des Erkennens fragt. Sie ist ein unerläßlicher
Bestandteil einer abgeschlossenen Weltanschauung; denn
erst durch sie kommen wir zu bewußter Klarheit darüber,
wie unsere wissenschaftliche Erkenntnis zu bewerten ist,
welcher Wahrheitsgehalt ihr zukommt.
Die wichtigste und grundlegendste Frage, die uns
hier entgegentritt, ist die Frage: Was heißt über-
haupt Erkennen? Diese Frage hat ihrerseits sofort
eine andere im Gefolge, nämlich die Frage: Wie