278 Die letzten Probleme
wir erfassen in diesen Akten einen Sachverhalt so, wie
er wirklich ist, und zwar mit absoluter Klarheit. Wenn
wir dem Tageslicht mit offenem Auge und mit Aufmerk-
samkeit zugewandt sind, so glauben wir nicht bloß, wir
vermuten nicht nur, sondern wir wissen, daß wir helles
Licht sehen. Und ebenso sind wir beim Hören kräftigen
Donners seines faktischen Daseins ganz gewiß. Des-
gleichen sind wir aber auch aufs bestimmteste überzeugt,
daß ein eckiger Kreis ein widerspruchsvoller Begriff ist,
und daß 1 + 1 wirklich = 2 ist. Wir wissen es.
Alle diese Einsichten haben den Charakter absoluter
Klarheit und Zweifelsfreiheit an sich, sie sind wahre,
nicht bloß vermeintliche Einsichten. Sucht man noch
weitere Momente an ihnen aufzudecken, so fällt zum
mindesten in den ersten beiden Fällen auf, daß der Tat-
bestand, der erkannt wird, gleichzeitig im Bewußtsein ge-
genwärtig ist. Wenn ich sage: „Ich sehe Helligkeit“ oder
„Es donnert“, so handelt es sich nicht um eine Be-
hauptung, die sich auf etwas bezieht, das außerhalb
meines Bewußtseins läge, sondern sie bezieht sich auf
einen augenblicklich stattfindenden psychischen Wahr-
nehmungsakt meiner selbst oder einen momentanen Ge-
hörsinhalt meines Bewußtseins. Man bezeichnet solche
Erkenntnisse darum auch als Wahrnehmungen. Analog
aber ist mir der widerspruchsvolle Begriff des eckigen
Kreises und der Zahlensachverhalt, den die Gleichung
1+1=2 bezeichnet, bei aufmerksamer Fällung dieser
Urteile dabei wirklich gegenwärtig. Es ist anders, als
wenn ich etwa sage: 1000 + 745 + 13 = 1758 oder
12 X 12= 144, In diesen Fällen übersehe ich die Zahlen-
verhältnisse nicht wirklich, sondern ich operiere in Wahr-
heit mit stellvertretenden Zeichen, graphischen Zeichen
oder Lauten, Ich habe auswendig gelernt, daß 12 X 12 =