Full text: Das Weltbild der Gegenwart

78 Die Welt‘ des Lebens 
treffen, um in bestimmter Anordnung eine Wanderung blc 
anzutreten, oder wenn Insekten ganze Staaten bilden mit die 
genau umschriebenem Tätigkeitsbereich des Staatshauptes, ka) 
der Arbeiter, Krieger, Drohnen usw., so haben wir es mit jed 
über das Individuum hinausgreifender Teleologie zu tun. 
Neuerdings ist man auch aufmerksam geworden auf Ein- wi 
richtungen an Organismen, die für sie selbst bedeutungs- be: 
los, für andere dagegen von größtem Werte sind, so z. B. 
die Pflanzengallen (die „fremddienliche Zweckmäßigkeit“ H: 
Bechers). de 
Das grundsätzliche Problem, das sich in bezug ke: 
auf die Lebewelt erhebt, ist die Frage, ob der große Gegen- Ki 
satz, in dem sie zur anorganischen Welt zu stehen scheint, ga 
ein realer oder nur ein scheinbarer ist. Sind die Orga- M' 
nismen etwas Besonderes, wirkt in ihnen in der Tat eine Jet 
intelligente architektonische Kraft, besitzen sie KEigen- ge 
gesetzlichkeit, oder sind sie nur als besonders komplizierte de 
anorganische Gebilde aufzufassen? V 
Beide Anschauungen liegen seit langem im Kampf mit- 
einander. Der klassische Vertreter der ersten "Auffassung, ni 
die die Organismen nicht auf physikalisch-chemische SE 
Prozesse reduzierbar erachtet, ist Aristoteles. Man di 
nennt sie „Vitalismus“, ihre Erneuerung in der kı 
Gegenwart „Neovitalismus“. Die entgegengesetzte R 
Auffassung ist zu größerer Bedeutung erst um die Mitte 
des 19. Jahrhunderts gekommen, sie erlangte dann aber 
bald einen vorübergehenden Sieg. Sie heißt „Mecha- 
nismus“, — eine wenig glückliche Bezeichnung, da in F 
ihr gleichzeitig auch die Meinung eingeschlossen liegt, daß + 
alle physikalisch-chemischen Vorgänge auf Bewegungen © 
reduzierbar sind. Besser hieße sie deshalb „Physiko- b 
chemismus“; denn dieses Wort präjudiziert nichts 
über die Reduzierbarkeit der chemischen Prozesse auf
	        
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