Full text: 1799 - 1800 (1. Abtheilung, 3. Band)

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Handeln und Produciren und seine ursprüngliche Identität mit dem 
Bewußten. Die Kunst ist eben deßwegen dem Philosophen das Höchste, 
weil sie ihm das Allerheiligste gleichsam öffnet / wo in ewiger und 
ursprünglicher Vereinigung gleichsam in Einer Flamme brennt, was in 
der Natur und Geschichte gesondert ist, und was im Leben und Handeln, 
ebenso wie im Denken, ewig- sich fliehen muß. Die Ansicht, welche der 
Philosoph von der Natur künstlih sich macht, ist für die Kunst die 
ursprünglihe und natürliche. Was wir Natur nennen, ist ein Gedicht, 
das in geheimer wunderbarer Scrift verschlossen liegt. Doh könnte 
das Räthsel sich enthüllen, würden wir die Odyssee des Geistes darin 
erfennen , der wunderbar getäuscht, sich selber suchend , sich selber flieht; 
denn dur< die Sinnenwelt blickt nur wie dur< Worte der Sinn, nur 
wie durc< halbdurchsichtigen Nebel das Land der Phantasie, nach dem 
wir trachten. Jedes herrliche Gemälde entsteht dadurch gleichsam , daß 
die unsichtbare Scheidewand aufgehoben wird, welche die wirklihe und 
idealisc<e Welt trennt, und ist nur die Oeffnung, durc< welche jene 
Gestalten und Gegenden der Phantasiewelt, welche durch die wirkliche 
nur unvollkommen hindur<schimmert, völlig hervortreten. Die Natur 
ist dem Künstler nicht mehr, als sie dem Philosophen ist, nämlich nur 
die unter beständigen Einschränkungen erscheinende idealis<e Welt, oder 
nur der unvollkommene Widerschein einer Welt, die nicht außer ihm, 
sondern in ihm existirt. 
Woher denn nun aber dieser Verwandtschaft der Philosophie und 
der Kunst unerachtet der Gegensatz beider komme, diese Frage ist schon 
dur< das Vorhergehende hinlänglich beantwortet. 
Wir schließen daher mit der folgenden Bemerkung. =- Ein System 
ist vollendet, wenn es in seinen Anfangspunkt zurückgeführt ist. Aber 
eben dieß ist der Fall mit unserem System. Denn eben jener ursprüng- 
lihe Grund aller Harmonie des Subjektiven und Objektiven, welcher 
in seiner ursprünglichen Identität nur durch die intellektuelle Anschauung 
dargestellt werden konnte, ist es, welcher durch das Kunstwerk aus dem 
Subjektiven völlig herau8gebracht und ganz objektiv geworden ist, der- 
gestalt, daß wir unser Objekt, das I< selbst, allmählih bis auf den
	        
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