Full text: 1802 - 1803 (1. Abtheilung, 5. Band)

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tragischen bestehen , so haben sie von der einen Seite doh nicht das große 
Gewicht wie bei Shakespeare, und sind von der anderen mit den tra- 
gis<en mehr wie aus Einem Guß unauflöslich vers<molzen. 
Man würde sich sehr irren, wenn man in dem Werk des Calderon 
eine fromme und heilige Darstellung erwartete, wie die meisten aus 
Unkunde sol<e Werke sich denken: es ist keine Genoveva, wo der Ka- 
tholicigmus absichtlih fromm und im höchsten Grad trübe genommen 
ist, es ist vielmehr eine dur<aus poetische und unauslöschliche Heiter- 
keit darin; es ist alles, im höchsten Styl, profan darin, ausgenommen 
die Kunst selbst, wel<e wahrhaft heilig erscheint. 
Die Construftion des Ganzen ist rationeller, in einem Maß wie 
man es der modernen Poesie wahrscheinlich nicht zugetraut hätte , wenn 
man ihren Charakter allein von Shakespeare abstrahirte. Die zerstreuten 
Principien der romantischen Gattung hat Calderon in eine strengere 
Einheit gefaßt, die sich der wahren Schönheit nähert. Er hat, ohne 
die alten Regeln zu beobachten, die Handlung zusammengedrängt ; sein 
Drama ist vramatischer und daher schon reiner. Innerhalb dieser Form 
ist er immer reine Gestaltung neben der höchsten Farbe, so daß im 
Großen und im Kleinen bis auf die Wahl des Sylbenmaßes Form 
und Stoff aufs innigste sih durchdringen. Die Motivirung ist nicht 
vernachlässigt, aber sie drängt sich nicht vor, sie ist ganz integrirender 
Theil der Organisation des Ganzen, von dem sich nichts hinwegnehmen, 
und dem sich nichts zuseßen läßt. Sie ist im- Ganzen immer auf 
Schi>ung gegründet, obgleich sie im Einzelnen 2) als Zufall sich 
zeigen kann, wie wenn Julia die Leiter nicht mehr findet, b) als sitt- 
lich, da der angeregte Aufruhr ihrer Brust sie zu Verbrechen treibt, 
aber auch ganz absolut in ver Erscheinung und Wiederersheinung des 
Priesters. 
Endlich, was Calderon dur< die höhere Welt voraus hat, auf 
die seine Poesie sich gründet, ist, daß die Versöhnung zugleich mit der 
Sünde, und mit der Differenz unmittelbar auc< die Nothwendigkeit 
bereitet ist. Er behandelt die Wunder seiner Religion wie eine un- 
umstößlihe Mythologie, den Glauben daran als die unbesiegbare
	        
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