in) Scheidung von Kontinent und Ozean,
die früher für Sedimente eines tiefen Meeres gehaltenen Schichten sind es nicht, wie
die fortschreitende Kartierung der Alpen gelehrt hat. So bilden die fleischroten und
grauen Hallstädter Kalke, die z. B. Kober noch für Tiefseebildungen anspricht, mit
ihren herrlichen Kephalopodenfaunen lediglich Einlagerungen in den Dolomitriffen
des Flachwassers: die Radiolarite und die Foraminiferenmergel des Jura und der
Kreide stehen in engster Wechselbeziehung mit Flachwasserschichten, die ihnen
zum Teil eingelagert sind.
So kommen wir zu dem Schluß: 1. daß das alpine Meer stets wesentlich den
Charakter von Flachsee hatte, mit einzelnen sehr großen landabgelegenen Ver-
tiefungen, in denen die terrigen unbeeinflußten Radiolarite und Kieselkalke und
Foraminiferenmergel sich bilden konnten; 2. daß das alpine Meer als Ganzes, äußer-
lich angesehen, nie eine tiefe Wanne oder eine Tiefsee war, daß es aber im ganzen
unter stetem unterbrechendem Hin- und Herpendeln so viel etwa sank, als Sedi-
mentmassen darin abgelagert wurden.
Das ist der Charakter der alpinen Geosynklinalen, die im Kapitel 11 ausführlich
dargestellt wurden und von denen dort schon gesagt wurde, daß sie auch Geschwister
hatten, die heute nicht als Faltengebirge in die Luft ragen, sondern die entweder
ziemlich flach geblieben sind oder Flachmeerteile bilden (Nordsibirien), oder gar zu
Tiefsee geworden sind (Straße von Mozambique bis Arabien hinauf). Da die Alpen-
gebirge also, wie gezeigt, nur extremste Ausschläge der steten wechselnden Be-
wegungen der Geosynklinalen sind, so wäre ein Herabsinken zur Tiefsee eben ein
extremster Ausschlag nach der Gegenseite, nach abwärts. Wir kennen die Ab-
lagerungen der mesozoischen madagassischen Geosynklinale, die heute größtenteils
Tiefsee ist; dort bildeten sich im Mesozoikum auch reine Flachwasserschichten.
Daraus ergibt sich, daß ehemaliger Flachmeerboden Tiefsee wurde und daß die Ent-
stehung von Tiefsee, in solchen Fällen wenigstens, das Komplement zur Falten-
gebirgsbildung ist. Da aber die Faltengebirgsbildung, wie S. 51 gezeigt, zugleich
den Kontinent verstärkt und individualisiert, so ergibt sich daraus zugleich, daß
Herausarbeitung des Kontinentalen und Bildung von Tiefsee im Komplementär-
verhältnis stehen. Wir können auch unmittelbar nachweisen, daß schon gefaltete
Gebirgsteile nachträglich wieder zu Tiefsee abgesunken sind; so der Westatlas im
Atlantischen Ozean, Teile des Antillenbogens und der japanische Streifen, dessen
Inseln nur Reste des umliegend zur Tiefsee niedergegangenen ostasiatischen Faltungs-
bogens sind, der ja, wie wir erschreckend sehen, auch heute noch nicht zur end-
gültigen Ruhe gekommen zu sein scheint.
Die Frage ist bis hierher klar: Alpengebirge sind nicht aus Tiefsee im heutigen
Sinne hervorgegangen, aber ihre ehemaligen Meeresstreifen und ihre aufgefalteten
Körper konnten und können zu Tiefsee werden und sind es geworden.
Es gibt aber auch noch ältere Faltengebirge, die im Mesozoikum schon längst
wieder abgetragen und teilweise auch schon wieder unter die mesozoischen Meere
geraten waren und neu mit Sediment bedeckt wurden; später wurden sie zusammen
mit der tertiären Alpenfaltung wieder gehoben, aberodiert, ihre Stümpfe neu zer-
schnitten, und so ragen heute etwa Harz, Schwarzwald, Vogesen, Ardennen, Riesen-
gebirge und am großartigsten die zentralasiatischen Hochgebirge wieder als scheinbar
junge Gebirge morphologisch heraus; teilweise bleiben sie auch nieder und hügelig
5