7 Küsten- und Flachseesedimente.
In tiefem, ruhigem Wasser abgesetzte Materialien sind vor allem in älteren Formationen
die Graptolithenschiefer der Silurzeit, auch die reinen Kalke und Marmore der Devon- oder
Triaszeit mit ihren Ammonitenfaunen, womit aber nicht gesagt ist, daß reine Kalke dieser
Art nicht auch wieder in einer ziemlich seichten Flachsee, ja gar nicht weit vom Lande
weg abgelagert wurden, wie vor allem der deutsche Muschelkalk und sogar der Weiß-
jurakalk Süddeutschlands.
Richtige Tiefseeablagerungen sind nur in sehr fraglicher Weise als solche in den For-
mationen vertreten. Man rechnet hierher die Radiolarite der paläozoischen und mesozoischen
Formationen, wobei jedoch eine nähere Charakterisierung zu geben ist, um die paläo-
geographische Bedeutung solcher Ablagerungen nicht unrichtig zu bewerten (hierzu vgl.
Abschn. 3). Da die Tiefseeschlamme heutigen Tages meistens Protozoenschlicke sind, so
hat man die weiße Schreibkreide wegen ihrer Zusammensetzung aus Globigerinen und ver-
wandten Formen früher als Tiefseebildung angesprochen, was jedoch schon wegen des Vor-
kommens derbschaliger Muscheln darin, die geradezu auf bewegteres Küstenwasser deuten,
ausgeschlossen ist... (Für alle genannten Vorkommen vgl. E. Kayser, Formationskunde
1923.)
Eine für die Paläogeographie wichtige Bildung der Flachsee sind die Oolithgesteine.
Ein Oolith ist eine Umrindung eines lebenden oder toten oder primär anorganischen kleinen
Körpers mit reinen Kalkkrusten oder eisenhaltigem Kalk, seltener Kieselmasse: regelmäßige,
von Stecknadelkopfgröße bis Erbsengröße (Oolithe), unregelmäßige (Onkolithe) bis zu
krustenförmigen (Stromatoiden), die als krustenförmiger Überzug des ganzen Meeresbodens
ihr Extrem erreichen. Auch die Riffbildungen sind streng genommen Flachwasser-
bildungen, wie die Korallen- und Kalkalgenriffe, die meistens in Symbiose auftreten. Wenn
auch die Korallenriffe, wie Bohrungen auf Funafuti ergeben haben, bis 1000 m in die Tiefe
reichen, so beruht diese Höhe dennoch bloß auf allmählicher Absenkung der immer wieder
nach oben wachsenden Baulagen; denn alle diese Riffbildner können nur im Flachmeer
gedeihen. Aus der Zerstörung der Riffe in der Brandung gehen kreuzgeschichtete Ab-
lagerungen hervor, was auch an fossilen in charakteristischer Form nachweisbar ist (siehe
Abschn. 2).
Ein ebenso charakteristisches Sediment, das fossil eine große Rolle spielt, sind die schon
genannten Glaukonite. Arn. Heim hat sich neuerdings um die Aufhellung ihrer Entstehung
bemüht. Die echten Glaukonitgrünsande sind nicht neritisch, kommen also nicht in der
litoralen oder sublitoralen Zone primär vor, wohl aber in größerer Tiefe und sind noch bis
4000 m gefunden; am verbreitetsten sind sie in der bathyalen Zone. Glaukonit ist stets eine
benthogene Bildung, also nicht terrigen eingeschwemmt. Es gibt aber viele „Grünsande’,
die man meistenteils in der geologisch-stratigraphischen Literatur mit den echten ver-
wechselt: die aus der Zerstörung eines Urgebirges entstandenen terrigenen Zerreibsel; sie
sind natürlich litoral. Richtige Glaukonite bestehen halb und halb aus Glaukonit und Quarz,
Während nun Hummel annimmt, daß die Quarzkörner herbeigeführt seien, nimmt Heim
eine gemeinsame Entstehung an, weil beide Komponenten nicht nebeneinanderliegen, sondern
oft innig miteinander verwachsen sind; es gibt alle Übergänge aus dem reinen Kalzit in
das reine Glaukonitkorn, stets unter Beibehaltung der äußeren Größe des ganzen Korns.
Somit sind beide benthogen chemisch ausgeschieden. Die Quarzkörner sind von ähnlicher
Form und Größe und wohl ebenso entstanden. Wenn die Quarzkörner eingeschwemmt
wären, so müßte man auch Kreuzschichtung in den echten Glaukonitsanden finden, sie
müßten abgerollt erscheinen und Glimmer oder Feldspat mit dabei sein. Die Erkenntnis
der rein chemisch-benthogenen Entstehung der Glaukonite ist daher ein sehr wertvolles
Kriterium für fossile derartige Sedimente und somit für die Frage nach der Permanenz oder
Nichtpermanenz der ‚„Tiefsee‘‘ (vgl. Kapitel 9).
Von nicht minder großer Wichtigkeit wäre es auch, über die Entstehung der
Kalkbildung in der Flachsee Bescheid zu wissen, weil ja der allergrößte Teil der
vorweltlichen Kalksedimente aus diesem Meeresniveau stammt. Auch hier hat
Arn, Heim neuerdings eine gewisse grundlegende Klärung herbeigeführt, wenn auch
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