Full text: Einleitung in die Philosophie der Mythologie (2. Abtheilung, 1. Band)

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er ist dieß nicht zufälliger, sondern nothwendiger und ewiger Weise, 
er hat es an sich, diese Indifferenz zu seyn, an sich in dem Sinn, 
wie man wohl von einem Menschen sagt, daß er etwas an sich 
habe, um auszudrücen, daß er es nicht gewollt, ja zuweilen sogar, 
daß er nicht darum wisse. Aber eben darum, weil Gott jenes andere 
ohne sein Zuthun, nicht gewollter, also in Ansehung seiner selbst 
zufälliger Weise ist, ist es ein zu ihm Hinzugekommenes, ein 
ouu/?e?7x08 im aristotelischen Sinn, zwar ein nothwendiges, ein 
&ÜTO xD dUTOv ÜUnRdEOXYOU , aber das ihm doh nicht im Wesen ist 
(1 & Ty oVolg dv), wogegen ihm also (was zwar nicht hierher ge- 
hört, aber der Folge wegen wichtig ist) auch das Wesen frei bleibt. 
Aristoteles erläutert ein sol<es nicht im Wesen und doh an sich Haben 
dur< ein aus der-Geometrie hergenommenes Gleichniß. Daß die Winkel 
eines Dreie>s zusammen = zwei Rechten, ist zwar ein dem Dreieck 
x dÜrOo URnEOXOV , ein ihm in Folge nothwendiger Ableitung Zu- 
kommendes, aber es ist ihm doch nicht in der 06vo/&, denn der Begriff 
des rechten Winkels selbst kommt in der Wesensbestimmung oder Definition 
des Dreie>s gar nicht vor; es kann ein Dreie> geben ohne rechten 
Winkel. 
Die Erörterungen, denen ich mich hier überlassen, scheinen weit 
abzuliegen von allem, was jekt vorzugsweise die Geister beschäftigt, und 
denno< haben sie eine schr nahe Beziehung auf die Gegenwart. Deun 
jenes dem Denken über das Seyn, dem Was über das Daß ertheilte 
Uebergewicht scheint mir nicht ein besonderes, sondern ein allgemeines 
Leiden der gesammten, glücklicher Weise von Gott mit unerschütterlicher 
Selbstzufriedenheit - ausgerüsteten deutschen Nation zu seyn, die sich im 
Stande zeigt, eine so lange --- lange Zeit, unbekümmert um das Daß, 
mit dem Was einer Verfassung sich zu beschäftigen. Wodurch also in 
der letzten Zeit die deutsche Philosophie mit unseliger Improvductivität 
geschlagen worden, dasselbe scheint mir auch die Ursache der politischen 
Improductivität Deutschlands, am sc<merzlihsten zu empfinden in einem
	        
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