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Do<h es mag an diesen Anführungen genug seyn; denn ich glaube uach
diesen Beispielen wird jeder Zweifel vers<wunden und die Nichtigkeit
unsrer- Erklärung jenes babylonis<en Gebrauchs hinlänglich begrün-
det seyn.
Eben daher, d. h. von dem Punkt, wo wir jekt stehen, schreibt
sich der Greuel, junge Knaben zu verschneiden, um auf diese. Art das
Männliche weiblih zu machen, ein Greuel, der seit den ältesten Zeiten
im Orient einheimis<, leider bis in die <ristlichhe und bis in unser
Jahrhundert sich fortgesezt hat. Diese Sitte kommt von den Babylo-
niern her; wenigstens läßt sie Hellenikus von diesen zu den Persern
übergehen , und Herodotos erwähnt unter den Einkünften des persischen
Königs 500 verschnittene Knaben, wel<he Babylon und das übrige Assy-
rien ihm jährlich liefern mußte. Es scheint also, daß in Persien selbst
keine Knaben verschnitten wurden.
I< habe nun das, was früher aus dem Innern der. mythologi-
schen Entwieklung selbst abgeleitet worden, auch thatsächlich, historisch
nachgewiesen, nämlich 1) daß Urania der Wendepuukt ist zwischen dem
frühern no< unmythologischen Zabismus und, dem spätern mythologischen
gedrängt durch eine spätere Religion und nur noh in der Form von Mysterien be-
gangen, um so gewisser völliger Corruption anheimgesällen seyn. Dem römi-
sc<en Bewußtseyn aber waren die Sabazien völlig fremd; sie hatten sich etwa
im sechsten Jahrhundert der Stadt eingeschlihen und =- unter dem Deckmantel
des Geheimnisses =- vielleicht nicht allzulange bestanden, als der römische Senat
von ihne: Kunde erhielt und gegen sie ein peinliches Verfahren einleitete. Die
Sabazien waren also in Rom niemals in anderer Form als in der einer religio
peregrina, Der Einfluß solcher , vom eigentlichen römischen Bewußtseymn zurück-
gestoßener fremder Religion war eines der Vorzeichen des inneren, moralischen
Verfalls der Republik, wie denn spätex zur Kaiserzeit eindringende fremde Religionen
und Ceremonien im römischen Reich, wo sie jedoch nie aus. dem Dunkel des
Geheimnisses hervorträten, die Symptome des Untergangs der altväterlichen
Religion nicht nur, sondern des Staats selbst waren. Schon zu Tiberius Zeiten
war Rom voll orientalischen Aberglaubens. Unter den nachfolgenden Kaisern
verbreiteten sich besonders die Mithriaca (8cil. mysteria) über den ganzen Um-
fang des römischen Reichs. Die [8iaca waren noch früher in Rom eingedrungen.
In dem Verhältniß als die mythologische Religion ihrem Ende sich zuneigte, griff
man wieder in die Vorzeit zurück, und hoffte, wie es oft geschieht, unter alter-
tbümlicher Form noch behalten zu können , was bereits dem Untergang zueilte.