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sondern an den Anfang des Göttersystems und insoweit dem Chaos des
Hesiodos parallel seen. Dieß vorausgeseßt, wird sich alles Uebrige
nun von selbst erklären.
Hieher gehört vor allem jene religiöse Sitte Roms, daß zu Zeiter
des Kriegs die Pforten des Janus offen standen, im Frieden geschlossen
| wurden. Man hat diese religiöse Sitte dadurch zu erklären gesucht,
daß. man annahm, jenes Heiligthum des Janus, das im Frieden ver-
schlossen wurde, sey der Ueberrest des ältesten, nach dem feindlichen Sa-
binerland führenden Stadtthors von Rom gewesen, das bei der nach-
herigen Erweiterung der Stadt bald in die Mitte derselben zu liegen
gefommen sey und dort bloß no< als Durchgang gedient habe; jene
religiöse Sitte also habe sich von einer bei den ältesten Kriegen gegen
die Sabiner üblich gewesenen BVorsichtsmaßregel hergeschrieben. Nun
sind freilich in Kriegszeiten bei der Nähe des Feindes und des feindlichen
Landes die Thore einer Stadt wichtige Posten; allein jeder würde exr-
warten, daß sie bei Friedenszeiten offen, bei Kriegszeiten vielmehr
| geschlossen wären. In Rom hätte gerade das Gegentheil stattgefunden.
Wie hat man sich nun das zu erklären gesucht ? Auch in neuerer Zeit
no< hat Buttmann, der zuleßt mit dem Zanus si genau beschäftigt
keine bessere Erklärung zu finden gewußt, als die s<on Ovidius gege-
ben: ut populo reditus pateant ad bella profecto; also man ließ
das Thor zu Kriegszeiten offen, damit die geschlagene Armee schnell
genug in die Stadt retiriren könne. Eine jol<e Vorsorge für den Nück-
zug sieht mir aber jener mascula proles ves Romulus nicht sehr ähn-
lich; sie erinnert mich an die Aeußerung, die ih während der Revo-
lutionsfriege von dem Officier einer geschlagenen Armee hörte, welcher
meinte, wenn man geschlagen sey, wisse man do) genau, wohin man
m zu gehen habe, nämlich nac<h Hause; im -Fall- des Siegs aber, oder
wenn man vorrüce, sey alles viel unbestimmter. Diese Erklärung also
ar zu D bedarf wohl keiner Widerlegung, und nachvem wir einmal Grund haben
- anzunehmen, daß Janus die höchste Zdee, nämlich die der Ureinheit
selbst ist, so wird es uns auch nicht schwer fallen, in jenem religiösen
Gebrauch Roms die höhere Beziehung als bloß auf gewöhnlichen Krieg