Full text: Philosophie der Mythologie (2. Abtheilung, 2. Band)

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also wäre, als die Quelle dieser Potenzen, der in dem alles Können 
ist, der selbst ursprünglich Könnende =- der Urvermögende, penes quem 
oder in cujus potestate omnia Sunt. 
Ich betrachte es insofern als eine nicht eben lächerliche Vermuthung 
des vorhin erwähnten Forschers, wenn er als den lateinischen aber ge- 
heim gehaltenen Namen Roms, von dem Macrobius spricht, den Namen 
Quirium vermuthet, wenn er diesen auch etwa anders erklärt. Diese Ver- 
muthung ist mir um so wahrscheinlicher, als Quirium in der That nur 
gewissermaßen- der lateinische Name wäre für den griechischen “Puy, 
das ja auch Stärke , Kraft , Vermögen , potentia, bedeutet. Sollte man 
diese Ableitung von quire, so viel als posse, aus welchem Grunde 
immer widerlegen können, so würde ich dann keinen Anstand nehmen 
zu erklären, daß Quirinus bloß eine weiche Aussprache (oder eine eben- 
falls dur< Analogien zu unterstüzende Zusammenziehung) von Cabirinus 
ist, und so würde er do< als Quelle und Mittelpunkt der Kabiren, 
jener Urpotenzen, jener alles verursachenden, erscheinen. Im Resultat 
käme dasselbe heraus. Die verschiedene Quantität der ersten Sylbe in 
quire und in Quirinus oder der zweiten in Cabirinus würde ich als 
keinen Gegenbeweis ansehen; es gibt Beispiele genug, und wir werden 
in der Folge selbst einige finden, wo die Quantität der Ursylben in 
nominibus propriis sic ändert. Indeß dieß sind Nebensachen. Unser 
Hauptsatz ist, daß Janus eine dem griechischen Chaos parallele Gestalt, 
also wirklich die Urpotenz aller Mythologie ist. Für diese Behaup- 
tung führe ich als ganz entscheidenden Beweis den Vers des Ovidius 
an, den er dem Janus in den Mund legt, und wo dieser mit klaren 
Worten sagt: 
Me chaos antiqui (nam gum res prisca) vocabant. 
Chaos nannten mich , denn uralt bin ich selber, die Alten *. 
Aus dem Kopfe des Ovidius ist dieß. gewiß nicht gekommen ; sein Ge- 
sang vom Janus im Anfang der Fasten enthält, wie wir bereis an 
einem Beispiele gezeigt, sonst meist nur geringe Ansichten ; es war also 
wohl eine zu Ovidius Zeit vorhandene und gangbare Ueberlieferung, 
1 Fast. 1, 103. 
m 
Kat .
	        
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