Full text: Philosophie der Mythologie (2. Abtheilung, 2. Band)

Janus sey -- was in noch älterer oder ältester Zeit, bei den Grie 
Hen nämlich, das Chaos gewesen. Man kann dieß nicht auf die von 
einigen beliebte, aber in der That flache Weise erklären: beide werden 
nur verglichen, weil das Chaos bei den Griechen der Anfang gewesen, 
und in der römischen Mythologie Janus ebenso der alles Anfangende 
und Eröffnende sey. Der Vergleichungspunkt lag tiefer , und er lag 
sogar schon im Namen, der nun vollends entscheidet. Chaos fommt, 
wie gesagt, von dem Grundwort <>, und dieß bedeutet offenstehen in 
dem Sinn, wie ein Abgrund oder wie eine alles verschlingende Tiefe 
als offenstehend gedacht wird. Woher kommt nun wohl Janus? Cicero 
will, es komme von eo, Janus sey statt LEanus*, Man geht freilich 
auc dur< ein Thor oder einen Dur<gang, aber man geht ebensowohl 
einen Weg, wo kein solcher ist; warum auch wäre aus EB anus Janus 
geworden? Nun gibt es zwar kein Verbum io, wohl aber ein Verbum 
hio, und dieses lateinische Wort sagt ganz dasselbe, was das griechische 
YEw, xeawo, offenstehen, und Janus oder Janus wäre statt Hianus. 
Eine so naheliegende, scheinbar so wenig gelehrte Ableitung dürfte sich 
vielleicht kaum hervorwagen, hätte nicht auch sie an einem Schriftsteller 
des Alterthums selbst einen Rücenhalt. I< will meinen Vorgängern 
feinen Borwurf daraus machen, daß sie diese Ableitung bei Festus über- 
| jehen zu haben scheinen; bin i< doch selbst unabhängig von ihm auf 
dieselbe geführt worden durc<h die bloße Nothwendigkeit der Begriffe, und 
| entdeckte erst später, daß sie bei dem erwähnten Schriftsteller schon zu 
finden ist, nicht unter „Janus“ selbst, sondern Da; wo er das Wort 
Chaos erklärt. Diese Erklärung lautet bei Festus ? so: Chaos appellat 
Hesiodus confusam quandam ab initio unitatem. (Confusa ist frei- 
lich nach frühern Bemerkungen nicht das rechte Wort, 'aber der Zusaß 
ab initio zeigt, daß das Chaos wenigstens nicht als eine fecundäre, 
dur< Mischung oder Verwirrung schon vorhandener und außereinander 
? befindlicher Elemente entstandene, sondern eine ursprüngliche, primitive 
Einheit ist. I< erlaube mir noch auf das Wort wnitatem aufmerksam 
De Nat. 'D. 11,27. 
“De gignificatione verborum, p. 52, ed. C, O, Müller, 
811
	        
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