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3 sondern in sich selbst die Kraft und die Mittel finden, diese zu über-
wältigen, sic über ihnen, frei von ihnen zu erhalten, .um sie zU
einer wahren Schöpfung zu vereinigen. Denn solche Momente kommen,
; wo es nicht mehr gilt im alten gewohnten Gleis fortzugehen, wo man
sich zu einer neuen Schöpfung entschließen muß. Wenn ich für ein
| eifriges , ernstes und tiefes Studium der Philosophie spreche, so rede ich
dabei wahrlich nicht für mein Interesse. In einem Alter wie das mei-
nige ' kann man nicht auf eine lang dauernde Wirkung als Lehrer reh-
nen. Aber. lange Erfahrung und meine Uebersicht belehrt mich, daß
das öffentliche Leben überhaupt, daß Staaten insbesondere von denjenigen
Universitäten sich vorzüglich Heil versprechen dürfen, wo das Studium
der Philosophie nicht bloß als Studium für Anfänger betrachtet wird
-- nöthig höchstens zu einer gewissen formellen Bildung oder gar nur
für künftige Staatsprüfungen, sondern wo auch die Reiferen und die
schon an positiven Kenntnissen reich Gewordenen immer wieder zur Phi-
losophie zurückkehren, den Geist zu erfrischen und zu erneuern, und um
| immer im Zusammenhang mit jenen allgemeinen Principien zu bleiben,
dur< welche die natürlichen und die menschlihen Dinge wie durch un-
i zerreißbare Bande zusammenhangen, die allein wahrhaft die Welt be-
| herrschen, im Umgang mit welchen allein Männer sich bilden, Männer
; =- fähig, was auch kommen möge, vor den Niß zu stehen, vor keiner
| Erscheinung zu erschre>en, am wenigsten aber , wie es geschieht, wenn
n dur< lange Bersäumniß endlich die Mittelmäßigkeit die Oberhand ge-
wonnen und die Unwissenden das große Wort führen, dann der Un-
wissenheit und der Seichtigkeit gegenüber selbst die Waffen zu strecken.
Sehe ich nochmals zurück auf den jetzt zu beschließenden Vortrag,
jo kann ich mir nicht verbergen, daß noch einige Erörterungen übrig
sind, durch welche die vorgetragene Theorie erst nach allen Seiten abge-
schlossen und gerundet wäre. Eine der entsprechendsten wäre gewesen
die Erörterung und Nachweisung des Zusammenhangs zwischen den ver-
schiedenen Momenten des mythologischen Processes und der physischen
' Diese Sc<lußvorlesung über Philosophie der Mythologie wurde am 20. März
1846 in Berlin gehalten. D. H.
Schelling, sämmtl, Werke, 2. Abth. I1U.