Full text: Philosophie der Mythologie (2. Abtheilung, 2. Band)

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Schorn eine Zeichnung des fraglichen Bildes zu erhalten, und eben 
diesem Gelehrten, den ich heute mit besonderem Vergnügen in unserer 
Versammlung sehe, meine Deutung desselben, wie es mir schien, nicht 
ohne Billigung von seiner Seite, mitzutheilen. Diese Zeichnung , welche 
ich hier vorlege, set mich nun in den Stand, meine Erklärung des 
Bildes anschaulich vorzutragen. 
Da es unmöglich seyn würde, das Bild mit mehr Klarheit zu be- 
schreiben, als dieß bereits in der allegirten Nummer des Kunstblattes 
geschehen ist, so begnüge ich mich, die dort gegebene Beschreibung zu 
wiederholen, indem ich nur die Bemerkung vorausschicke , daß das frag- 
liche Bild sic) an der Wand eines der Höfe in demjenigen neuentdecten 
Gebäude zu Pompeji befindet, das den Namen Haus des Poeten, 
erhalten hat, und von allen der bis jetzt entdeckten das am reichsten ge- 
sc<mückte ist. 
„Auf der Querwand", so. heißt es in der angeführten Stelle, „zur 
Rechten vom Eingang befindet si< das Bild einer mythis<en Vermäh- 
lung. Ein sitzender bärtiger Mann mit Scepter faßt mit seiner Rechten 
den linken Arm einer halbverschleierten Frau mit reichgestiktem Kleide, 
Stirukrone und Armschmu>; beide haben auf dem vierten Finger ihrer 
linken Hand den bräutlichen Ring. Die Bewegung der Frau ist so 
schüchtern , als der Ansdruk ihres wundersam schönen Kopfes feurig und 
lebensvoll ; dieses und die geflügelte Frau , die hinter ihr als Führerin 
erscheint und die man als Victoria auf die Wiedervermählung nach dem 
troishen Siege beziehen mochte, mag die erste Benennung dieser "Com- 
position , Menelaus und Helena, veranlaßt haben, die wenigstens minder 
unglücklich ist als eine neuere von Peleus und Thetis. Der Hinter- 
grund einer zwischen Bäumen aufgerichteten, oben etwa mit drei Löwen 
verzierten Säule, an der Flöten, Cymbeln und ein Tympanum sichtbar 
sind , könnte ein asiatisches Lokal andeuten ; doch ist diese Deutung für 
Menelaus nicht ungezwungen, auch das Costüm des bärtigen Mannes, 
dem ein rother Mantel das Hinterhaupt verschleiert, für einen Griechen 
befremdend. Man würde nicht abgeneigt seyn, an die Vermählung des 
Saturnus mit der Rhea zu denken, wären nicht unter dem Sitze “drei
	        
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