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und in der feierlichen Jak<os-Procession am sechsten Tage der Eleu-
sinien bereits als Knabe (Kuros) mit nach Eleusis zieht. Dieselbe naive
Symbolik werden wir also auch hier in unserem Bilde anerkennen dürfen.
Ueber die Myrtenkränze auf den Häuptern der drei Jünglinge werde ich
mich später erklären.
Was den Gesammtausdru> in der Stellung und den Gesichtern
der drei Jünglinge betrifft, so nimmt die vorgelesene Beschreibung an,
daß sie in lauschendem Gespräch begriffen seyen; wahrscheinlich nicht,
daß sie einander, sondern daß sie das Gespräch der Aeltern belauschen
und sich darüber gegeneinander äußern. Müßte man den Ausdruck
des Zuhörens, des Laushens durchaus in ihnen erkennen, so würde
dieß für die zweite Ansicht entscheiden, daß sie nämlich an dem Ort der
Verwahrung sich befinden, in dem sie der Vater verborgen hält. I<
will indeß dahingestellt seyn lassen, ob der angeblihe Ausdru> ves
Lauschens nicht ebensowohl allgemeiner als Ausdru> der Spannung und
der Erwartung gefaßt werden kann, durch den selbst wieder nur der
allgemeine Begriff des Zukünftigen angedeutet wäre. Denn das, was
no< nicht ist, sondern erst seyn soll, befindet sich in natürlicher Span-
nung gegen das, was jetzt ist, Unzweifelhaft ist auf jeden Fall, daß
diese Spannung, die man für ein aufmerksames Zuhören allerdings
ansehen kann, sich auf das bezieht, was über ihnen vorgeht.
Es ist nun Zeit, unsere Aufmerksamkeit auf die zwei Hauptfiguren zu
richten. Die Hauptbewegung ist klar: Kronos * zieht die, wenn nicht sich
sträubende, doch zaudernde und zweifelhafte Rhea an sich, mit seiner
rechten Hand ihren linken Arm fassend. Der vorhin erwähnte Be-
schreiber findet die Bewegung der weiblichen Figur schüchtern; doch ist
es offenbar nicht sowohl die Schüchternheit jungfräulicher Verschämtheit,
als eine zaghafte Scheu, welche das Bewußtseyn eines unheilvollen
Erfolges einflößt, die besonders auf dem Angesicht der Rhea sich malt.
Diejenigen, welche eine dem Menelaus zurückgebrac<hte Helena in der
* Zu dem Gesicht des Kronos vergleiche man den Ausdru>, der sich im
Fragment des Dichters Antimachos bei Plutarch (Fragen über römische Ge-
bräuche 42.) findet : 6 Jdvriog Koorog (der bärtige Kronos).