zu ihm zurück; die Figurenmalerei eines Diaz knüpft unmittelbar an Prudhon
an, und man meint seinen Schatten hinter der Staffelei Corots zu ahnen.
So sehr nun die Nachfolge Davids in einflußreichen Lehrern wie Guerin und
Gros die Akademie beherrschte, so entwuchsen ihr doch, vom Zuge der Zeit
ergriffen, etliche Überläufer in das Lager der Romantik. Deutsche Einflüsse, :
mehr von seiten unserer Literatur als unserer Malerei, sprachen dabei mit
und fanden einen Nährboden in den germanischen Elementen des französischen
Mischvolkes. Es war das letztemal, wenigstens soweit es bildende Kunst
gilt. Dabei kommt es weniger auf Zeitgrößen wie Ary Scheffer und Hippolyte
Flandrin an. Scheffer, ein Niederfranke aus Holland (1795—1858), der
Meister sentimentaler Illustrationen zur Bibel und zur Legende oder zu
Dantes Göttlicher Komödie, kann überhaupt nur wegen seiner Ausbildung
bei Guerin und wegen seiner dauernden Wirksamkeit in Paris den Franzosen
beigerechnet werden. Seine Gesinnung ist viel mehr germanisch und englischer
Kunst verwandter als der französischen (Abb. 463, 464). Und Flandrin
(1809 — 1864), der Lieblingsschüler Ingres’, der vom Klassizismus des Meisters
schließlich zu frommer Kirchenmalerei im Sinne, wenn auch nicht in den
Formen Overbecks überging, bedeutet für die Geschichte der französischen
Malerei nicht mehr als eine Episode — eine Anwandlung im Nazarenerge-
schmack (Abb. 462).
Was in Frankreich romantische Schule heißt, ruht wesentlich auf der Trias
von Gericault, Delacroix und Daumier, drei der größesten Künstler des Jahr-
hunderts. In ihnen enthüllt sich die Kehrseite des französischen Genius,
der Widerspruch gegen die Akademie, gegen Schönheitsregel und die vom
Geiste der Weiblichkeit berührte Anmut. Sie gehören zusammen, die drei,
und sind als ebenbürtig anzusehen, einerlei, ob Daumier sein Genie in Tausen-
den von Lithographien entlud und der Malerei nur als eines Spieles seiner
Mußestunden pflegte. Sie sind die Meister der Revolution und verkünden den
Geist der Empörung, der Ketten sprengt, der hinaus und hinauf will. Sie sind
es, nicht weil sie diese und jene Begebenheit der Sturmtage von 1830 und 1848
verherrlicht haben, sondern weil der Geist, der ihre Form beseelt, leidenschaftlich
erregt ist, der symbolhafte Ausdruck dessen, was auf politischem Gebiete weit-
hin donnernde Entladung fand. So sind sie die eigentlich Zeitgemäßen, denn
das neunzehnte Jahrhundert ist nun einmal das Jahrhundert der Revolutionen.
Das Zeitgemäße an ihnen wird nicht sowohl bestritten als vielmehr bestätigt
durch den Widerstand, dem sie begegneten. Gegen sie erhob sich alles, was
den Frieden liebte, die Legitimisten und das um seine Ernte besorgte Bürger-
tum, die akademischen Heiden und die romantischen Frommen. Ja, es erhob
sich eigentlich gegen sie der insonderheit französische Kunstgeist, der vor
ihnen mächtig war, der neben ihnen in Corot blühte und nach ihnen in den
Impressionisten wieder mächtig wurde. Ob das, was aus ihnen spricht, rassen-
mäßig vielmehr als keltisch oder als germanisch gedeutet werden müsse,
bleibe dahingestellt. Genug, der einzige geistesverwandte Nachfolger, den sie
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