Full text: Die Kunst des Klassizismus und der Romantik (14)

fürstlichen Landhauses sehr gut zustatten. Im ganzen genommen stützt sich ma 
die klassizistische Architektur Oberitaliens viel mehr auf die Renaissance als Sic. 
auf die Antike. auf 
In Vicenza baute damals der Graf Ottone Calderari (1730—1803), treulich ZÖös 
in den Bahnen seines großen Vorgängers wandelnd, eine Reihe von Palästen Tre 
und die Fassade von San Girolamo so, daß sie den Vorbildern Palladios zum Erı 
Verwechseln ähneln. Die strengere Note des unmittelbar an der Antike ge- Es 
nährten Klassizismus, wie sie diesseits der Alpen vorherrscht, kommt in Italien Gri 
seltener vor, z. B. im Cisternone zu Livorno (Tafel I), in der von Canova seiner er]: 
Vaterstadt gestifteten und gewissermaßen seinem Ruhme: geweihten Kirche als 
von Possagno (Abb. 155), die Giovanni Antonio Selva (1753—1810) der 
erbaute) und namentlich in dem Teatro San Carlo in Neapel (Abb. 160). Die den 
Fassade dieses Theaters, dessen Architekt Antonio Niccolini ein Toskaner win 
war, gehört zu den spätesten und charaktervollsten Schöpfungen des italie- Ak: 
nischen Klassizismus. Über den derben Rustikaquadern des Erdgeschosses wir 
erhebt sich im Oberstock inmitten glatter Mauerflächen eine lichte und leichte dou 
römische Säulenstellung. Die maßvolle Verteilung des Schmuckes in Form wir 
von eingelassenen Reliefs, die stark unterscheidende Charakterisierung der ver 
Geschosse und die kräftige Bildung der Profile geben dem Bau die würdige F 
Erscheinung eines ernsten Musentempels. — Als einen Ableger des italie- der 
nischen Klassizismus zeigen wir aus Spanien nur den Prado des Juan de gef: 
Villanueva (Tafel IT). Mit 
und 
Wohl geht der Klassizismus von Italien aus und empfängt aus Rom in Ber 
höherem Maße noch als aus Griechenland fortwährend neue Nahrung. Seine neu 
reine Ausbildung erfährt er dagegen nördlich der Alpen, und zwar wird seine der 
zweite Heimat Frankreich. Alles vereinigt sich hier, um ihn reifen zu erw 
lassen, der Volkscharakter, die nationale Überlieferung einer großen Kunst bei 
und die politischen Zustände. < sprß 
Zu den Grundzügen des französischen Volkscharakters gehört der Rationalis- We 
mus, und zwar ist es so, daß eben dieser Zug sich im Altern der Nation immer L 
deutlicher hervorhebt. Ihm sind Klarheit und Präzision des sprachlichen nah 
Ausdrucks zu verdanken und in der bildenden Kunst die Einfachheit und Abs 
Konsequenz, sogar eine gewisse Nüchternheit der Form. Nur daß diese alle 
Nüchternheit sich mit Anmut und dem Wunsch, zu gefallen, verbindet. Hierin Bau 
liegt etwas, das allein unter den Völkern Europas die Franzosen den Hellenen und 
vergleichbar macht. Darin beruht auch ihre Überlegenheit in der bildenden For 
Kunst, zumal in der Architektur. Daß aus demselben Grunde die Dürftigkeit Jed 
ihrer Musik als der beseeltesten und individuellsten Kunst zu erklären ist, sich 
sollte freilich unvergessen bleiben, um so mehr, als ein Element der Musik in zud: 
den anderen Künsten fortklingt. moc 
Das rationalistische Element ist es, das den Meisterwerken französischer zu € 
Baukunst in der Gotik wie in allen Phasen der Renaissance den Charakter WO 
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