Nach dem soeben geschilderten Verlauf, welchen die Linie nimmt, die den
Dampfdruck darstellt, können wir die folgenden Perioden während eines Kolben-
hin- und -herganges unterscheiden:
Wir nehmen an, daß beim Kolbenhingang der Dampf hinter dem Kolben
eingelassen wird. Der Dampfeinströmkanal muß nun bereits geöffnet sein, wenn
der Kolben in seiner Endstellung sich befindet. Der Schieber, der den Kanal
absperrt, muß deshalb voreilen. Man nennt dies das lineare Voreilen (vom
lateinischen linea == Linie) des Schiebers für die Dampfeinströmung. Mit Rück-
sicht darauf, daß die äußere Kante des Schiebers den Dampfeinströmkanal dabei
frei giebt, nennt man es auch das äußere lineare Voreilen. Darnach wird
die Periode der Dampfeinströmung, bevor noc< der Kolben seine Endstellung
erreicht hat, als die Voreinströmungsperiode bezeichnet.
Nun geht der Kolben vorwärts, der Dampf strömt ein, bis die gewünschte
Füllung erreicht ist. Alsdann schließt der Schieber den Dampfeinströmkanal ab.
Die Periode während der Vorwärtsbewegung des Kolbens bis zur Absperrung
des Dampfes wird die Einströmungsperiode genannt.
Nach der Absperrung des Dampfes beginnt seine Expansion, und diese dauert
jo lange fort, bis die Ausströmöffnung frei gegeben wird. .Da aber die Aus-
strömung geöffnet wird, bevor der Kolben das Ende seines Hubes erreicht hat, so
ist diese Expansion38periode auch vor erreichter Endstellung des Kolbens beendet.
Die Ausströmöffnung für den Dampf wird aber vor beendetem Kolbenhub
frei gegeben, damit der frische Dampf auf den Rückgang des Kolbens schon ein-
wirken kann, sobald er seine Endstellung erreicht hat. Es ist sonach auch für die
Ausströmung ein lineares Voreilen nothwendig, und da die Ausströmöffnung von
der inneren Kante des Schiebers freigegeben wird, so wird dieses Voreilen das
innere lineare Voreilen genannt. Der Dampf strömt während dieser Periode
jc<on aus. Die Periode dieser Dampfausströmung bis zur erreichten Endstellung
des Kolbens wird als Vorausgströmung bezeichnet.
Weil aber der Dampf während dieser Periode auf den Kolben noch einen
Druck ausübt und zwar entweder dadurch , daß die Dampfspannung im Cylinder
eine größere ist als im Freien, oder wenn dies nicht der Fall ist, dadurch, daß
die äußere Luft auf den Kolben einwirkt, jo nennt man diese Periode auch die
Periode der Nachwirkung.
Während der Kolben seinen Rükgang beginnt, strömt der Dampf aus und
zugleich wirkt der frische Dampf vor dem Kolben. Die Ausströmung des Dampfes
erreicht ihr Ende, ehe der Kolben seine Endstellung erreicht und ehe die Vor-
einströmung beginnt. Diese Periode bis zur Absperrung des Ausströmkanals
wird die Ausströmungsperiode genannt.
Der noch in dem Cylinder verbleibende Dampf wird nun komprimirt (vom
lateinischen comprimere == zujammenpressen) und zwar so lange, bis die Vor-
einjtrömung ihren Anfang nimmt. DeShalb wird von einer Compressions3-
periode gesprochen.
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