Die Balancier-Dampfmaschinen.
Die ersten Maschinen mit Condensation, welche von dem Erfinder der Dampf-
maschine, James Watt, gebaut worden sind, waren Balancier-Maschinen. Es
sind dies Dampfmaschinen mit stehendem Cylinder, bei denen die Uebertragung
der Kraft von dem hin- und hergehenden Kolben auf eine drehende Bewegung
der Kurbelwelle durch Vermittelung eines Balanciers erfolgt. Wir haben einen
solchen Balancier bereits Band 1, Seite 839 besprochen.
Heute sind diese Balancier-Maschinen nur noch wenig in Gebrauch. Wegen
ihres langsamen Ganges kommen sie fast nur noc< bei Pumpwerken vor. Beliebt
sind sie noch als Maschinen für die Raddampfer, welche an der Küste von Nord-
amerifa und auf den amerikanischen Strömen verkehren.
Eine Balancier-Maschine, wie sie bisher gebräuchlich war, zeigen in ihren
Hauptverhältnissen Fig. 662 und 663. Der Balancier B ruht in den Lagern L
auf der Säule 8. Der Hochdruckcylinder C, und der Niederdruckcylinder CO, sind
neben einander aufgestellt und mittelst der Gelenkstangen b e und ef wirken die
Kolbenstangen auf den Balancier ein. Seine schwingende Bewegung, welche er
dabei erhält, überträgt er durch die Zugstange Z, die an dem anderen Ende des
Balanciers aufgehängt ist, auf die Kurbel der Kurbelwelle.
Neben dem Dampfeylinder ist der Condensator aufgestellt, dessen Luftpumpe
an der Gelenkstange a d angreift. Das Watt'sche Parallelogramm, welches
zur Geradführung dient, wird durch den Gegenlenker d m geführt, der an einem
leichten Gestell seinen Stüßzpunkt findet. Die Pumpenstangen sind bei h an dem
Balancier direkt aufgehängt.
Weisbach*) äußert sich über die Batancier-Maschinen:
„Da der Ausschlagwinkel des Balanciers innerhalb gewisser Grenzen ver-
bleiben und der Balancier bei gegebenem Kolbenhube eine erhebliche Länge erhalten
muß, so erfordern Balancier-Maschinen größere Grundflächen, als die stehenden
Maschinen.“
Das Fundament muß sehr kräftig ausgeführt werden, weil es nicht nur das
Gewicht der Maschmentheile zu tragen hat, sondern auch die Kräfte aufnehmen
muß, welche von dem Kolben auf die Kurbel übertragen werden.
: Lueger**) sagt über die Balancier-Maschine, daß die Vortheile in geringer
Abnutzung der Dampfcylinder und Stopfbüchsen liegen und daß sich dadurch die
Stopfbüchsen auch leichter dicht halten lassen. Das Kurbelwellenlager wird nur
einseitig beansprucht; auch sind alle Theile bequem zugänglich für die Ueberwachung
und Bedienung. Als Nachtheil ist der große Raum, den die Maschine erfordert,
und die weitläufige Fundamentanlage hervorgehoben. Wegen der umständlichen
Fortleitung der Kraft, welche auf den Kolben durch den Balancier und den
KurbelmechaniSmus nach der Kurcbelachse hin wirkt, und wegen der großen
*) Weisbach, „Ingenieur- und Maschinenmechanik“.
%*) Queger, „Lexikon der gesammten Technik 1“.
562