Weitere Belege. Versinnlichen des Geistigen. 97
geschrieben: das Stillleben ist ein Bild, das die Nähe des
Mensc<en andeutet, des wohllebenden Mens<en, der kommen
wird, den Genuß zu nehmen. Doh das darf nicht zu wört-
li< aufgefaßt, nicht zu stark betont werden. Denn der Maler
will zunächst darstellen, wie diese Gegenstände aussehen. Aber
es ist ein mit hins<webender Gedanke, der nicht ferne zu halten
ist. =- Blumengruppen wird man immer gern anschauen. Zu-
nächst handelt es sich darum, daß das wirkliche Leben, die Art
und Qualität dieser Blumen wahrhaft gegeben sei. Doch die
Betrachtung wird dabei von der Vorstellung begleitet: dies
ist zur Begrüßung.
Das Gesagte wird hinreichen, zu zeigen, wie wir auch in
diesen Gebieten, wo kein Mens< dargestellt wird, do< den
Menschen finden, wie wir die Natur beseelen, das bloß Sinn-
liche vergeistigen.
Nun aber wollen wir uns umkehren und sehen, wie die
Phantasie das Geistige versinnliht. Sie führt die geistigen
Funktionen, Begriffe, Thätigkeiten in die Natur hinaus, und
umkleidet sie mit Natur. Dem Abstrakten gibt sie einen Leib.
Also jezt wird die Seele zur Natur; und dieser Prozeß ist
dem Schönen ebenso wesentlich wie jener andere, vermöge dessen
die Natur zur Seele wird.
Exeter, der in Shakespeares Heinrich V. berichtet, wie die
Herzoge York und Suffolk zu Tode verwundet nebeneinander
auf dem Sclachtfelde lagen und wie die verblutenden Helden
sich zärtlich umfaßten, s<ließt mit den Worten:
„I< hatte nicht so viel vom Mann in mir,
Daß meine ganze Mutter nicht ins Auge
Mir kam und mich den Thränen übergab.“
Das heißt eine Stimmung personifizieren. So sagt der Dichter
anstatt: die Weichheit, die mix als Erbteil von der Mutter
angeboren, u. s. w. Was spricht Shakespeares Macbeth in dem
fur<tbaren Moment, da er hinaufsteigt, Duncan zu morden?
Jett auf der halben Welt
Scheint die Natur gestorben, böse Träume
Beschleichen den verhangnen Schlaf, der Zauber
Vischer. Da38 Schöne und die Tunst.