Full text: Das Schöne und die Kunst (1. Reihe)

Vorwort des Herausgeber5. XI 
Lehre vom Naturschönen im alten behält ihren bleibenden Wert 
und namentlich die Lehre von der Phantasie. 
Diese nimmt hier bloß 18 Seiten ein, während sie dort 
13 Bogen stark ist. Allein auc< im Uebrigen. handelt ja das 
vorliegende Buch doch hauptsächlih und immer wieder von der 
subjektiven Ursache der Kunst, und es kann mit gutem Recht 
eine Psy<hologie des Schönen genannt werden. Nur Die 
Phantasie im engeren Sinne, die entschiedene Gestaltungskraft, 
ihre Arten, ihre Grade und ihren Bezug zur Geschichte hat 
hier mein Vater möglichst kurz behandelt, und das erklärt sich 
aus dem besonderen Zwecke seiner späteren Lehrweise. Er wollte 
desto rascher ins Konkrete, in die Welt der Künste gelangen, 
und da holte er dann vollauf herein, was er sich zu Anfang 
versagt hatte. Aber obgleich er also die beiden ersten, all- 
gemeinen Abschnitte nur als Vorbereitung und die folgenden 
als Hauptsache behandelte, so brauchte er im Jahre 1882 zu 
diesen Prolegomena doh mehr als ein Semester (21. April 
bis 9. November), und sie bilden do<m ein rundes Ganzes, das 
für sich zu nehmen ist. Sie geben eine höchst klare, bei aller 
Strenge durc<haus lebensfrishe und volkstümliche Vorstellung 
von seinen in so langem Forschen ausgeklärten Gedanken über 
das Wesen des Schönen und der Kunst; und sie eignen sich 
daher in ganz besonderem Grade, den Anfänger in die Aesthetik 
einzuführen. 
Es sind schon mehr als zwei Jahre her, daß ich mit dieser 
Arbeit fertig wurde. Aber damals war es noch überhaupt zweifel- 
haft, wie die Herausgabe der Vorträge bewerkstelligt werden solle. 
| Und als es zur Bestimmung der einzelnen Punkte kam, mußte 
; ich zugeben, daß zum Anfang womöglich etwas erscheinen sollte, 
| das den Kennern der Schriften meines Vaters besonders viel 
| Neues bringt. Z< ging daher an seine Vorträge über Shake- 
speare. Das ist aber eine ungleich größere Stoffmasse, und ic< 
gelange damit erst jebt zu Ende, obgleich ich, dank einem 
Urlaub, anderthalb Jahre lang von einem Teil meiner Amts- 
pflichten entbunden war.
	        
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