Full text: Das Schöne und die Kunst (1. Reihe)

Der Wiß. Der Humor. 191 
Macht, dur< Ueberraschung zu erhärten, daß inmitten der Dinge 
dieser Welt nichts absolut sein kann. Keiner bleibt ungerupft, 
auch nicht die eigene Person des Lac<henden. Anders der Wiß- 
bold: der macht auf alles Wibe, nur nicht auf sich selbst; er 
nimmt si< aus. 
Wir suchen daher eine höhere Art der komisc<hen Kraft und 
finden Humor =- das Wort im tieferen Sinn genommen und 
nicht bloß als Stimmung zum Komischen verstanden. Der 
Humorist, haben wir schon gesehen, hat die geistige Freiheit, das 
ego niht zu s<honen, er erkennt und befennt die Schwäche seines 
eigenen Thuns, er verspottet sich selbst *). 
„3< liebe mir den heitren Mann, 
Am meisten unter meinen Gästen: 
Wer sich nicht selbst zum besten haben kann, 
Der ist gewiß nicht einer von den Besten.“ 
Sie kennen dieses prächtige Wort von Goethe. Das innige 
Gemüt des Humoristen ist durc<drungen vom tiefsten Gefühl des 
Wertes der Harmonie. Er erfährt an sich selbst, wie das Hohe 
mit dem Niedrigen, die Wahrheit mit dem Irrtum behaftet ist, 
wie schlecht das Gefäß seinem Inhalt entspricht. Er beobachtet 
sich aufs schärfste. Und mit universalem Sinn sieht er in der 
ganzen Welt sih um. Er erlebt mit tiefstem Einbli> und im 
Mark seines Wesens ihre Widersprüche, ihre Uebel und Ge- 
brechen, die Dummheit und Sclectigkeit der Menschen, ar- 
beitet siß aber fort zu dem Gefühl, daß sie troßdem nicht ver- 
loren sein kann, daß troß aller Argheit der Geist, das Gute, 
die aktive Kraft ihres Lebens ist, und auf dem Grunde dieser 
Ueberzeugung sieht er sie nun in einem komischen Licht, als 
eine verkehrte Welt; er belächelt sie, aber wohlwollend. 
Sie finden bei allen Humoristen, daß die Flamme ihrer 
Scerzlaune sic< mit dem Oel ihrer Schmerzen speist. Einen Zug 
davon hat auch der tolle Aristophanes. Welche Seufzer klingen 
da hervor über den Untergang des alten tüchtigen Griehentums 
und über das Frivolwerden der Zeit! Den tiefen, über die 
HN Vergl. oben SS. 187.
	        
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