Full text: Das Schöne und die Kunst (1. Reihe)

Verklärung durch die Phantasie. Mr: 
aber ab von allem Ordinären, Nebensächlihen, ästhetisch hier 
nicht Wirksamen oder Störenden, was tausendfältig daranhing. 
Bis die Schlacht geschlagen werden konnte, mußte unermüdlich 
ererziert, studiert und geplant werden, in den Screibstuben un- 
endlich geschrieben, in den Werkstätten der Schmiede, Büchsen- 
macher, Geschüßgießer, Wagner, Sattler, Schuster und Schneider 
massenhaft gearbeitet, mußte ungeheuer marschiert und unzähl: 
barer Proviant herbeigeschleppt werden. Auf diese Vorstellungen 
dürfen wir uns nicht, oder wenigstens nicht zu sehr einlassen, 
wenn wir die Größe dieses Tages erfassen wollen. Wir dürfen 
uns nicht verlieren unter den einzelnen Eindrücken des Shreens, 
nicht verweilen an Verbandpläten und Blutlachen; wir müssen 
Distanz nehmen. Und wir denken nicht daran, was alles neben- 
her geschehen sein mag, was auch hier die kleinen Bedürfnisse 
des Menschen mit si< brachten. 
So verhält sich nun unser Auge von selber; es ist ja doch 
glücklicherweise kein Mikroskop. Unwillkürlih nimmt unsere 
Betrachtung Abstand , um den reinen Schein abzuziehen. Und 
diejer Schein ist schon in sich selbst ein Abzug. Das vorliegende 
Material dieses von der Phantasie abzuziehenden Seines wird 
von ihr gesichtet. Wenn wir etwas in der Außenwelt schön 
finden, so trennen wir es vom Uebrigen ; wir schneiden heraus, 
was uns nicht gefällt, schaffen unbewußt einen Rahmen. Das 
ist auch ein Stü Jdealisierung. Unsere ästhetische Auffassung 
ist ein Münzstempel mit scharfem Rand: was sie nicht brauchen 
kann, läßt sie bei Seite ?). 
Es kommt hier wiederum in Betrac<t, daß das Schöne 
nur im Kontakt zwischen einem Gegenstand und unserer An- 
jhauung lebt. Das Auge, die Seele des ästhetisch begabten 
Mensc<en =- und ästhetisc< begabt sind ja fast alle =- ist kein 
Spiegel, in den das Schöne nur so hineinfiele als bloßer 
Reflex , sondern ein Spiegel, der verschönert. Eine Kraft 
wirkt darin; sie läßt das Schöne in si< herein, aber sie ver- 
klärt es auch, bildet es um im idealen Sinn. Und dieses innere 
1) Vgl. oben S. 202. 
207
	        
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