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poetisierender Wendungen, aber diese haben gar keine Bedeutung
mehr, sind ganz verblaßt. Der Dichter sagt nicht mehr: der
Morgen lächelt, und dergl.; das ist rein verbraucht. Mit der
wissenschaftlichen Sprache kann er erst recht nichts anfangen,
denn diese strebt ja mit aller Kraft nach dem Abstrakten, und
die poetische mit aller Kraft gegen das Abstrakte.
Wie sie vorliegt, erscheint also die Sprache in diesem Zu-
sammenhange roh. Kann man aber auch sagen: tot? An sich
ist sie gewiß ein ganz Lebendiges; aber nicht für den Bedarf
des Dichters. Ihm sc<lummert sie, ein Dornröshen, das zum
Glü>e weckbar ist; er muß sie zu ganz neuem Leben wecken.
Wenn Sie dazu kommen, von berühmten Dichtungen Kon-
zepte zu sehen, so werden Sie staunen, wie die verkorrigiert
sind. Ein Freund von mir sah Hölderlins Manuskript zur
herrlihen Ode auf Heidelberg und machte eine genaue Kopie
davon, wel<e ich beside. Sie ist so bunt, so übergangen
mit Durhstrihen und Aenderungen, daß man es kaum glauben
möchte. Daraus sehen Sie, was der Dichter für eine Not
mit der Sprache hat. Wohl beginnt er mit einem kühnen
Wurf; das innere Bild muß klar und entschieden vor ihm
stehen, ehe er daran denkt, es der ,Sprache einzuverleiben. Aber
nun muß das ges<hehen, und er muß an der Sprache reiben,
bis sie Funken gibt und in Flammen sein Bild offenbart.
I< kann hier eine Bemerkung anfügen: Wenn große
Dichter (wie für uns namentlih Goethe und Sciller) die
Sprache außerordentlich durchgebildet und bis zu größter Ge-
s<hmeidigkeit zubereitet haben, so scheint sie nun dem poetischen
Trieb dermaßen entgegenzukommen, daß Hunderte und Tausende
meinen, sie können dichten. Was sie hervorbringen, ist aber
nur ein Anreihen von poetischen Redensarten. Allbekannt ist
Schillers Distichon:
„Weil ein Vers dir gelingt in einer gebildeten Sprache,
Die für dich dichtet und denkt, glaubst du schon Dichter zu sein 2"
Der Wert und Vorzug toten Materials erklärt sich sehr
leicht, wenn wir nun gewisse Gattungen der Kunst betrachten,
gewisse Kunstformen, worin Lebendiges verwendet wird. Das
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