Wechselwirkung zwischen Technik und Phantasie. 933
thätigfeit zurü>, indem sie ihr auch Motive bringt. So ist
z. B. daraus, daß es der Architekt so schwer hat, Steine herbei-
zus<haffen, das Backsteinmotiv entstanden. Das Reimen macht
große Mühe, will man nicht lauter hergebrachte Phrasen dazu
brauchen. Es ist dann freilich so leicht zu reimen: Herz und
Schmerz, Sonne und Wonne. Soll der Reim aber Originalität
haben, so ist es gar nicht leiht, und der Dichter wird sich oft
quälen müssen. Ein anderes Mal jedoch bringt ihm diese Qual
ein neues Motiv.
I< habe Sie schon früher auf die bunten Manuskripte der
Poeten und insbesondere auf ein Konzept Hölderlins hingewiesen.
An anderen Beispielen wäre kein Mangel. Sie kennen die
Verdeutschung der Odyssee von Voß. Sein Manuskript hierzu ist
über und über korrigiert. Und Heine hat an seinen Gedichten,
die so leicht laufen und so mühelos aussehen, sehr kritisch ge-
ändert und gefeilt. Das darf uns gar nicht beirren, es thut
dem Adel der Phantasie keinen Abbruch. Die Sache ist die:
Ih trage in mir ein geistiges Bild, und es soll heraus. I<
habe die Sprache, aber sie ist so, wie sie im gewöhnlichen
Brauch lebt, dazu nicht hergerichtet. Nun suche ich und arbeite,
bis für die Stimmung des und des Teiles in dem und dem
Gedicht das re<te Wort gefunden ist. I< finde es nicht so-
gleih und muß also herumtasten im Material der Sprache.
Wie ein Maler sich ein Modell oder eine Farbe aussucht, so
darf der Dichter in einem Reimbuch na<s<lagen. Diese Arbeit
ist etwas ganz Natürliches und Löbliches. Der Künstler arbeitet
und arbeitet, bis sein inneres Bild ganz heraußen ist. Er reibt
und reibt, bis die re<hte Farbe an ihrem Orte da ist. Eberhard
Wächter hat einmal gesagt: „das Gefühl erkaltet, wenn man
oft über eine Stelle fährt,“ aber es soll vielmehr erwarmen.
Unser Wort Kunst kommt von Können. Wir brauchen es
freilich von jedem Ueberwinden einer Schwierigkeit vermöge einer
angeborenen Kraft, die dur< Zucht und Uebung ins Erstaun-
liche gesteigert ist. Auch Kunststüke sind ja eine Kunst. Allein
wir nehmen das Wort doch meist im ausgezeihneten, emphatischen
Sinne und bezeichnen damit das höhere Können, wodur< dem