Full text: Das Schöne und die Kunst (1. Reihe)

Einleitung. 
hat einen Bezug zu ihm. Jede hat freilich wieder etwas, das 
sie von der anderen auss<ließt. Alle aber sind im rein Mens<<- 
lichen versöhnt; und bei der großen Teilung der Arbeit liegt 
darin eine um so tiefere Erquickung. 
Sämtliche Wissenschaften berühren si< mit diesem Reiche. 
Prüfstein einer philosophis<en Weltanschauung ist es, ob sie 
das Schöne zu erklären weiß. Der Philologe hat es auf der 
höchsten Stufe mit Poesie zu thun, der Historiker muß in der 
Kunst den Gipfel des Kulturzustandes erkennen. Der Natur- 
forscher fragt nicht na< Schönheit, aber indem er untersucht, 
woraus die Dinge bestehen, wie sie zusammenhängen und welchen 
Gesetzen sie unterliegen, kommt er zuleßt auf einen Punkt, wo 
die Aesthetik eintritt. Beide Wissenschaften haben sich viel zu 
sagen. Der Physiologe studiert den Prozeß des Hörens und 
Sehens; und das führt ihn zur Tonlehre und Musik, führt. ihn 
zur Lehre von den Farben und ihrer Harmonie; womit sich auch 
der Chemiker befaßt. = Und in der Religion, welch. ungeheure 
Bedeutung hat hier die Phantasie, das Organ des Schönen! 
Im Gegensaße zu ihr will sie zwar das Sinnliche im Menschen 
nicht aufheben oder vernachlässigen, sondern verklären und fort- 
bilden; doch ohne sie entstehen weder Religionen no<h werden sie 
verstanden. =- Dann weiter! Gehört nicht zu einer tieferen Auf- 
fassung des Staates die Einsicht, daß -die Pflege der Kunst ein 
integrierender Bestandteil der Verwaltung ist? Der Jurist be- 
gegnet dem Schönen in den sinnbildlihen Rechtsgebräuchen. Im 
Kriminalrecht wird es ihm zu statten kommen, wenn er dramatisch 
empfänglich ist. =- Endlich die technische Praxis. Wir haben 
uns schon erinnert, wie sie in Kunst übergeht, auc<) wo 'es ihr 
nicht darum zu thun ist. Und so wird si au<h der Jn- 
genieur nicht immer über die Frage der ästhetisc<en Wirkung 
hinwegsezen können. Sogar die doh gewiß e>ige, prosaische, 
rein auf den Gebrauch angelegte Maschine bleibt dem Schönen 
nicht ganz entzogen. Sein Band schlingt sich überall durc; 
und der Mensc< sucht es, weil er Harmonie sucht. Es hebt 
die Trennung der Stände, der Kultursphären, der Berufsarten, 
der Charaktere auf, es streift allen. Beschäftigungen ihre GEin-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.