Full text: Das Schöne und die Kunst (1. Reihe)

Praktische Wechselbezüge der Künste. Verbindungen. 301 
ihren Arten findet ein reger Austausc< statt. Wie viel ver- 
dankt 3. B. das Drama dem Epos! So wird hinüber und 
herüber gereicht auf jede mögliche Weise. 
Endli<h die Verbindungen, die wir von den An- 
lehnungen wohl unterscheiden müssen. Da gilt nun der Saß: 
Nie können sich zwei Künste so vereinigen, daß jede von beiden 
ihr ganzes Wesen selbständig zeigt, sondern eine von beiden 
muß untergeordnet sein, oder nur Motive darbieten. 
Malerei und Skulptur verbinden sich, aber nicht gleich- 
wertig. Wir haben uns sc<hon gesagt: Die Malerei darf dabei 
nicht mit vollem Kolorit, sondern nur sehr unselbständig auf- 
treten). Eine Statue verträgt nur einen Anflug von Kolorit; 
sowie Sie mehr geben wollen, entsteht etwas wie eine Wachs- 
figur. 
Poesie und bildende Kunst können wohl zusammentreten, 
aber das Wort führt sc<hneller voran als die äußere Erscheinung. 
Unmöglich ist es, Musik und Malerei zu vereinen; sie 
wollen verschiedene Zeiten und Momente der Wirkung. Aus 
der befannten Raffinerie unserer Zeit hat man es zwar ver- 
sucht, also zu Gemälden Tonstü>e gespielt. Aber das taugt 
nichts. Auge und Ohr sind zwei ganz verschiedene Sinne; was 
dem einen re<t kommt, das stört den anderen. Wenn ich 
Musik höre, so muß meine ganze Seele hierfür gesammelt sein, 
und was dabei zu sehen ist, zerstreut nur. Die Musik wirft 
mich in mich zurü>, in einen Stimmungszustand, und dieser ist 
nicht vereinbar mit objektiver Anshauung. Es geht nicht zu- 
sammen. 
Dagegen hören wir gerne Musik im Anbli> rhythmisch 
bewegter Gestalten; sie paßt zum Tanz*). 
Eine schöne Vollverbindung von Künsten haben Sie im 
Theater. Da stellt der Architekt den Raum, der Maler die 
Dekoration. Der Dichter verfaßt den Text des Dramas. Die 
Schauspieler bringen die von ihm erfundenen Charaktere und 
1) Vgl. oben S. 202, 249, 259, 287. 
2) Vgl. S. 291.
	        
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