DE Einleitung.
tüchtig schwimmen. Da kann doch geholfen werden durch klare,
gesunde Kunstanschauungen, die sich auf richtige, dur<greifende
Prinzipien gründen. Das Halbwissen muß ergänzt werden.
Kritik joll und kann nur üben der Berufene, der weiß, welche
Maßstäbe anzulegen sind, nur der, welcher seine Begriffe ge-
läutert hat durc<h ernste Studien, welcher 3. B. Lessings Laokoon
und hamburgische Dramaturgie gelesen hat. --
Wenn es auc< wahr bleibt, daß das ästhetische Genießen
ein Wohlgefallen ohne Begriff ist, da es mit einem Schlag
und ganz unbewußt eintritt, so schließt das nicht aus, daß
darin eingehüllt eine Welt von Begrissen liege. Ganz ohne
Vermittlung ist im- geistigen Leben gar nichts; auch das Gefühl
bewegt sich ja immer dur< Denken hindurch. Nehmen Sie an,
es handelt sih um Baustile. Da wird nun der Laie nur ver-
wirrt, weil er sich nicht bewußt ist, daß das Schöne eine Ge-
schichte hat und daß kein Komparativ unbedingt gilt, wo einer
fragt: was ist schöner: gotische oder griechische Architektonik?
3n der Malerei verfolgen 3. B. Raphael und Rubens zwei
sehr verschiedene Richtungen. Ein Laie wird nun ganz konfus,
er meint, er müsse sich jeht unbedingt entscheiden; und er muß
es doch eigentlich nicht. -- Was s<i>t sih am meisten in Be-
zug auf die Grenzen der verschiedenen Kunstgattungen? Welche
Bedeutung hat das Material für die Form? Und welche der
Ort? Alle diese Erwägungen sekt der ec<t ästhetis<e Genuß
voraus.
Wenn nun einer in einem Gemälde Komposition, Zeichnung,
Farbe, Gesamt- und Lokalton unterscheiden, und beurteilen kann,
ob die räumlichen Verhältnisse richtig und angemessen sind, wenn
er sich dann besinnt, was ist der Ausdruc>k in dem allem, so
ist das freilich eine Reihe von Reflexionen. Aber nachher wird
er doh zur Einheit zurückkehren und zu einem Ergebnis, das
er ganz leicht in Gefühl umsezen kann; sein Empfinden wird
davon gesättigt sein; was er erst nur dachte, ist nun seine
Gewohnheit, sein Besit. So wird er sich auc<ß überzeugen,
daß es gar nicht so schrelic<h ist mit dem Denken über das
Schöne. Es ist keine Säure, von der „die Milch der frommen
BR