Full text: Das Schöne und die Kunst (1. Reihe)

2 Erster Teil. 8 2. 
angenehm, daher sind unter den Sinnen im wesentlichen 
nur Gesicht und Gehör direkt beteiligt. 
Wenn wir sagen „das Schöne“, so klingt es immer, als 
sei es eine Sache, die es gibt. So gibt es aber das Schöne 
nicht, wie es eine Sache gibt. In „sc<ön“ befasse ich den 
Gegenstand und den, der den Gegenstand ans<haut, also Objekt 
und Subjekt. Das Schöne ist Kontakt zwischen diesen zweien. 
Man meint, das Schöne biete sich ja überall dar, es sei in der 
Natur schon für si< da. Aber nein, dazu gehören zwei, dazu 
braucht es das Auge. Wir sind auch so naiv, wenn wir etwas 
sauer, süß, bitter nennen, zu meinen, der Gegenstand sei 
bitter, süß, sauer. Fällt ihm nicht ein. Was wir so nennen, ist ja 
nur der Eindru>, den er durch <emische Stoffe auf den Ge- 
s<madsnerven unserer Zunge macht. Er ist ferner nicht blau, 
rot, gelb an sich, sondern nur für unser Auge. Und so ist etwas 
weder schön no< unschön, sofern es nicht einer sieht oder hört. 
Eine Landschaft, so oder so beleuchtet, nenne ich schön. Ziehe 
i< mein Auge, mein ganzes Nervenleben ab, was ist es dann 
no<? Eine Null von „schön“. 
I<h muß meinen Standpunkt, Sehpunkt haben. Geh ich 
vor- oder rückwärts oder zur Seite, so seh ich es ganz anders. 
Also bin ich's, der es empfindet, daß es schön ist. Wir sind 
aktiv, niht bloß Spiegel. Das Kunstwerk ist da, aber bei Nacht 
ist es an sich nicht als ein Schönes da, weil es niemand sicht. 
Ungesehen ist es nichts als Stoff. Was es ist, ist es dadurch, 
daß eine Künstlerseele diesem Stoff eine Form gegeben hat, 
die in kunstempfänglichen Augen das Gefühl des Schönen er- 
wet. Aber, werden Sie sagen: „ich denke mir einen Urwald 
mit herrlihen Pflanzen, Blumen, Bäumen, die noch kein mens<<- 
liches Auge gesehen hat. Die sind doc<h sc<öon!“ Fällt ihnen 
nicht ein. So lange niemand dabei ist, sind sie nicht schön. 
Wenn ich sie schön nenne, so denke ich mich eben dazu. Die 
bloße Natur ohne den Mens<hen weiß nichts von Scönheit: 
sie baut nur zwe>mäßig. Nimmt man also den Menschen weg, 
so gibt es fein „<hön“. Wohl haben auch Tiere einen gewissen 
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