Full text: Das Schöne und die Kunst (1. Reihe)

Das Schöne ein sinnlicher Kontakt zwisc<hen Subjekt und Objekt. 29 
4 Sinn für (sinnliche) Wohlgefälligkeit, aber damit ist nichts an- 
deres bewiesen, als daß zum Schönen zwei gehören. 
Wenn wir sagen: das Schöne ist sinnenfällig, so scheint 
8 sich das ganz lächerlich s<on von selbst zu verstehen. Aber wir 
e müssen mit dem ABC anfangen, sonst könnte es nachher sehr 
n schwierige Konfusionen geben. Wir legen ganz einfac< Grund- 
it steine. 
1. Wir wollen nun darüber ein paar Einwendungen anhören. 
8 Es mag einer sagen: „Wie bringen wir dabei die Poesie 
uU unter? Die ist ja rein geistig!“ Da muß ich nun freilich etwas 
8 vorausnehmen. Sie kennen ja das ganz unerfors<hlihe Wunder, 
i daß die Sinnesverrichtungen im Menschen oder Tiere zweimal 
a vorkommen , einmal in ihrer eigentlihen Thätigkeit, wenn ein 
Gegenstand unmittelbar, im buchstäblichen Sinne aufgefaßt wird, 
sodann inwendig, in der Phantasie. Es gibt ein inneres Schauen, 
Hören, Schmecken, Tasten. Wie könnte man sonst träumen? 
Und so wendet sich der Dichter zunächst an diese nah innen ge- 
e s<lagene, im Geiste sich wiederholende Sinnlichkeit. Gibt ex dem 
n inneren Auge nichts zu sehen, so kann er nac< Hause gehen, 
denn er ist kein Dichter. Wer uns nichts zu schauen gibt, der 
gibt uns für die ästhetische Auffassung nichts. Also auch die 
Poesie ist sinnlich. 
Ferner werden Sie anführen, daß man von „schöner Seele“, 
„'hönen Gedanken“ spricht, selbst von „schöner Abrundung“ 
eines wisjens<aftlihen Systems, und werden sagen: das ist alles 
nicht sichtbar, ist ja rein geistiger Art. Allein damit wird nichts 
bewiesen. Jn Norddeutschland sagt man auch: „das schme>t 
schön“ ; und in allen diesen Fällen ist das Wort ungenau ge- 
braucht. Für gewöhnlich geht solche Laxheit hin. Wir aber, 
in der Wissenschaft, müssen das Wort genau nehmen, müssen 
i dur<aus bestimmte Grenzen ziehen. So sagt man: „eine schöne 
That“ und meint damit eine sittlih brave That, allein eine 
sol<e macht noh nicht schön. Der innere Adel einer „schönen“ 
Seele oder Handlung muß in Erscheinung treten, wenn sie für 
uns schön sein soll. Es muß absolut etwas da sein für unser 
Auge oder Ohr.
	        
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