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der Sache, und weil er deshalb nicht die Erscheinung als solche
erfaßt.
Prinzipiell bleiben diese Sätze in Geltung, wenn auch ge-
wisse Mischgebiete, wie das der Lehrpoesie, nicht absolut aus-
geschlossen sind. Es gibt Malerei und Dichtkunst, welche sich
strafend zur Gegenwart verhält. Die Karikatur zum Beispiel,
was hat sie alles mitgewirkt bei der Reformation, in zahlreichen
Flugschriften, bei der Revolution! Was alles hat die Poesie
zur Förderung der Völker beigetragen durc< belehrende und
jatiris<e Dichtungen! Es sind das aber keine reinen selbstän-
digen Formen oder Zweige der Kunst, sondern Uebergangs-
formen, Nebenzweige, anhängende Gebiete wie das Kunst-
handwerk.
Im Schönen heißt es also: nicht einrennen mit diesem
oder jenem Zwe, sondern schauen und nichts anderes. Es
herrs<t ruhiges Belassen und Betrachten. Denn die
ästhetische Auffassung verhält sih zu ihrem Gegenstand ganz
objektiv, läßt ihn unberührt stehen, greift nicht ein, will nichts
daran verändern oder forcieren.
Es ist arg, wie unsere Zeit diese Stimmung seelenruhigen
Betrachtens zerzaust. Unser Leben wird in das allgemeine Ge-
läufe und Gedränge immer nervöser hineingerissen. Es ist ja
selbstverständlich: i< will dur<aus nicht den unendlichen Fort-
schritt bemäkeln, der in den Eisenbahzen liegt. Aber jekt, wo
wir in so rasender Eile fliegen, daß nur ein paar Minuten
Aufenthalt schon zu viel sind, gerät die Seele in ein Jagen
und Heßen, daß wir kaum mehr in die Stimmung kommen, z. B.
vor einer Landsc<haft ganz ruhig betrachtend zu verweilen. Sie
werden sagen: mit der Eisenbahn kommt man ja schneller in
schöne Gegenden, zu Kunstsammlungen... Allein durc< dieses
Hasten kommt man auch nachher nicht zum Genießen, wie dies
die Mehrzahl des Reisevolkes, das uns jeßt alles Hochgebirg
überschwemmt, genügend zeigt, wenn ihm einmal ein Stück
shöne Natur vor Augen kommt. Bengalisch beleuchtet will es
sie haben, frisiert. I< bestieg im September den Gotthard,
fam zur Teufelsbrü>ke, wo die Zeugen der Urgeschichte unseres
SR