, Erster Teil. 84.
Drama, einen Roman nachdenkend gelesen hat, weiß, wie un-
geheuer viel in aller Kunst die Komposition ausmacht, das Zu-
sammensein, das Hinüberwirken eines Teils nach dem anderen.
Sie verfolgen 3. B. das Verfahren eines Malers. Er hat
so und so viel fertig gebra<t, auf einer Stelle des Bildes
Rot und Gelb aufgeseßt, aber weiter nicht gemalt. Jetzt kommt
zum Gelb Blau, zum Rot Grün; und dadurch erhalten diese
Farben ein ganz anderes Aussehen als vorher. Das ist ja eine
Felsenwahrheit. Davon hat der naive Neuling, der gedanken-
faule Laie gar keine Ahnung. Gelb wird neben Blau gelber,
Rot neben Grün röter, leuchtet viel stärker auf und umgekehrt.
Das ist die denkbar größte Einfachheit. No< ganz anders,
in vielfältigster Weise tritt das in Kraft, wenn die Töne in
unnennbaren Verhältnissen und Wechselbezügen zur Verwendung
kommen.
In einem Dichterwerke wirkt dieser Teil so, jener so, aber
nur an dieser Stelle wirkt er so, und das alles wurde un-
gemein überlegt und oft geändert, bis es recht saß. Wie sehr
wird in einem Drama der Eindruck einer Situation, eines Vor-
gangs dur<h den Kontrast gesteigert. Vergegenwärtigen Sie
sich z. B. die Mordscene in Shakespeares Macbeth, das
Grauen, das dur<h die Luft zu gehen scheint, dazu die Scene,
wie der König, nicht ahnend sein Schiesal, als Gast ins Schloß
eintritt und wie es ihm friedlih zu Mut ist. An allen Ge-
simsen der Burg nisten zutrauensvoll die Schwalben; er fühlt
fich in einer harmlosen Jdylle. Auf dieses friedliche Vertrauens-
bild ist das furchtbare Bild des Mords geseßt. Das wirkt, wie
zwei Farben sich durc< ihren Kontrast heben.
Das Wecselverhältnis der Teile, die Art wie sie verbun-
den sind, ist also von wesentlicher Bedeutung. Aber daraus
folgert Zimmermann, das sei im Schönen alles; und wir
folgern dies nicht. Er sagt: es ist gleichgültig, was die Stoffe
der zusammengestellten Teile an sich sind, es handelt sich nur
um das Verhältnis. Malt z. B. ein Maler einen Menschen,
ein Tier oder, welc<es Beispiel Zimmermann anführt, einen
Fuch3, so sagen wir: der hat einmal den Fuchs gut getroffen.
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