Full text: Das Schöne und die Kunst (1. Reihe)

Cinheit von Gehalt und Form. 
35. 
Stoff ist 1. sinnlihe Materie, 2. der Gegenstand, wie er 
ungesichtet vorliegt (Süjet), 5. der Lebensgehalt in diesem 
Gegenstand. Abstrahiert wird im Schönen von 1 und 2, 
nicht von 3. Zu diesem, zum Lebensgehalt, schlägt sich 
der Geist des Auffassenden und vollzieht an ihm einen 
schöpferisch umbildenden Akt. Dieser Akt ist zugleich der 
formbildende, harmonische Sorm herstellende. Daher ist die 
Sorm wesentlich qualitativ, von freiem Leben durchdrungen. 
Wo sie ganz meßbar ist, gewinnt sie den qualitativen 
Charakter dur eine eigentümliche Art der Symbolik, eines 
unbewußten Linfühlens der Seele; ebenso alle an sich 
unbeseelre Erscheinung. So offenbart sim in der ZSorm 
das innere Wesen und Leben des Gegenstandes, wie er ist, 
nachdem der Geist des Auffassenden (des Zuschauers und 
Künstlers) sich in ihn gelegt und ihn zu seinem Ligentum 
gemacht hat. Das Was ist aufgegangen in Wie. Aus- 
dru>svolle Sorm, formgewordener AuSdru>. Linheit von 
AuSdru> und 5armonie oder mimisc< harmonische Sorm. 
Demgemäß ist die Lust in der Anschauung reine Linheit 
idealer und sinnlicher Lust. Die AusSschließung des Interesses 
bestimmt sich nun näher zu dem Satze: es waltet interesse- 
loses Interesse (Spiel). 
I< habe vieles zusammengenommen; es sind aber lauter 
Punkte, die ich nicht trennen kann : Was und Wie, Stoff und Form. 
Wir haben gesehen, daß die Nachfolger Herbarts, die Forma- 
listen sagen: Alles im Schönen ist bloßes Verhältnis. Wollen 
wir nun zurechtkommen, so müssen wir haars<harf unterscheiden: 
Inhalt oder Stoff und Form. Wo hört jener auf? Wo fängt 
diese an? Das gehört zu den s<wersten Fragen in der Philo- 
sophie. Gemeinhin denkt man 3. B.: die Form ist der Vers, 
der Inhalt ist der Gedanke. Aber die Form reicht hin- 
ein bis ins Mark des Gedankens; und der Gedanke wirkt hin- 
aus bis ins Aeußerste der Form; das Seziermesser weiß da 
nicht zu trennen. Um uns über das Wesen des Schönen klarer 
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