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Wie wenn nun aber diese ganze Idee, dass es objektiv
Zeitstrecken von bestimmter Länge gäbe, falsch wäre? Wenn
sogar die Idee falsch wäre, dass es wirklich zwei gleich lange
Zeitstrecken hinter einander geben könne?
Nach unseren bisherigen Betrachtungen müssen wir ZzU-
nächst die Möglichkeit folgender Auffassung einräumen.
Satz von der Unwirklichkeit einer objektiven
Zeitstrecke für sich, einer objektiv unendlichlangen
oder unendlichkurzen Zeit oder eines objektiven
Zeitpunktes für sich. . Es giebt keine ganz bestimmt
lange objektive Zeitstrecke, d. h. es ist nicht richtig, dass man
behaupten könne, die Zeit lege eine bestimmte Länge objektiv
zurück. Darin besteht die objektive Wirklichkeit der Zeit
nicht, Man darf auch nicht sagen, die Zeit sei von ewig her
und werde ewig dauern, solange man damit meint, dass
wirklich so etwas, wie die ewige Zeit, sich objektiv abspiele.
Es ist falsch zu behaupten, es gäbe für sich objektiv einen
Zeitpunkt, ohne dass an dieser Existenz zeitliche Verhältnisse
beteiligt seien.
Ehe ich auf die Schwierigkeit eingehe, die in der Be-
hauptung von der Existenz aller Welt im Zeitpunkte der
Gegenwart liegt, habe ich erst abzumachen, was denn nun
eigentlich für sich an der Vorstellung der Zeit wirklich ist.
Wenn wir uns keine einzelne Zeitstrecke für sich vorstellen
können, was stellen wir uns dann ohne Widerspruch vor?
Wenn wir uns vorstellen, ein Krieg habe dreissig Jahre ge-
währt, so heisst dies nichts weiter, als dass sein Zeitverlauf
ein ganz bestimmtes Verhältnis habe zu gewissen anderen vOor-
gestellten Zeitstrecken, also zur Vorstellung des Jahres mit
dem, was dazu gehört. Mag auch die Vorstellung eines Jahres
für sich unmöglich sein, das Verhältnis zwischen dreissig
Jahren und einem Jahre ist vorstellbar. Stellen wir uns ein
Jahr vor, so ist dabei nicht diese Zeitstrecke wirklich,
sondern wir denken in Wahrheit dabei an gewisse Verhält-
nisse des zeitlichen Verlaufes der Erdbewegung oder der
Stellungen der Sonne am Himmel. Wenn wir uns zwei