Full text: Eine mögliche Wesenserklärung für Raum, Zeit, das Unendliche und die Kausalität

— A383 I 
objektiv nur wirklich, soweit sie sich zur selben Zeit 
abspielen. 
Man beachte die Abweichung von der subjektiven Wirklich- 
keit der Zeitverhältnisse! Was heisst es: zwischen einem 
Pendel und einer Stimmgabel spielen sich zur selben Zeit 
Zeitverhältnisse ab? Wir sagen: während z. B. das Pendel 
einen Hingang macht, vollführt die Stimmgabel z. B. 
440 Schwingungen. Nennen wir die Zeit des Pendelhingangs 
eine Sekunde, ganz ohne Rücksicht darauf, ob man sich diese 
Zeitstrecke für sich vorstellen könne, ob also diese Sekunde 
etwas zeitlich Bestimmtes sei, und stellen wir uns die Zeiten 
der einzelnen Schwingungen als gleich vor, ganz ohne Rück- 
sicht darauf, ob jede solche Zeit etwas für sich Bestimmtes 
sei, so sagen wir, jede Stimmgabelschwingung geschehe in 
dem 440sten Teile einer Sekunde. Dieses bedeutet dann nicht 
etwa, es gäbe für sich eine 440stel Sekunde, sondern bedeutet 
nichts weiter als das allgemeine zeitliche Verhältnis des Pendel- 
hinganges zu den sämtlichen, innerhalb derselben Zeit 
(wie der Pendelhingang) geschehenen Schwingungen. Der 
Ausdruck: „dieselbe Zeit“ bedeutet nicht etwa Gleichheit von 
Zeitstrecken, die aufeinander folgen, sondern die zusammen- 
fallende Wirklichkeit, die'identische Wirklichkeit alles dessen, 
was zur Herstellung dieses zeitlichen allgemeinen Verhältnisses 
nötig ist oder was das Wesen dieses Verhältnisses ausmacht. 
Sollte es thatsächlich so sein, dass die einzelnen Schwingungen, 
die — wie der gewöhnliche Ausdruck ist — aufeinander folgen, 
nicht zeitlich gleich wären, so macht dies nichts, wenn wir 
nur nicht wieder innerhalb dieser 440 Ereignisse andere zeit- 
liche Verhältnisse bilden wollen. Das Gleichsein aufeinander- 
folgender Zeiten ist nichts Wirkliches, wie jedes Verhältnis 
solcher Zeiten nichts Wirkliches ist. Also der ganze Ausdruck: 
„Sollte es so sein, dass die einzelnen Schwingungen nicht 
gleich wären“ hat objektiv keine Bedeutung; es ist vollkommen 
einerlei, ob wir sagen, objektiv seien die aufeinanderfolgenden 
Zeiten gleich oder ungleich. Einwürfe, dass es doch in Wirk- 
lichkeit ganz klar sei, die einzelnen Schwingungszeiten seien
	        
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