Full text: Ueber den kosmischen Dualismus

19 A. Mühry. 
beschränkten Psychologie und zudem einer Herrschaft des 
Monismus, sogar zurzeit verbündet mit dem »Evolutionismus«, 
dass selbst nur eine Andeutung der Meinung, es könne ein 
Denken geben ohne Hirn, ein Lächeln erregt, oder auch für 
Mysticismus erklärt wird. Und doch ist sehr verständlich, 
dass hier sofort Belehrung gebracht wird schon durch die 
damit zusammenhängende einfache Frage, was ist früher 
in der Welt gewesen, das Denken oder aber das 
Hirn? Konnte ein Hirn überhaupt zu Stande kommen ohne 
ein vorher vorhandenes, aufbauendes Denken? Aber bis jetzt 
herrscht noch der Satz »ohne Hirn kein Denken, in unbe- 
strittener Geltung. Als Beweis dafür genügt es, zu erinnern 
z. B. an den Zuruf, welchen noch im Jahre 1882 mit voller 
Zuversicht ein berühmter Physiker und Bekenner der mathe- 
matisch-mechanischen Naturauffassung hat erschallen lassen, 
er verlange, wenn er eine Weltseele anerkennen solle, dass 
ihm zuvor irgendwo im Universum ein Gehirn gezeigt werde. 
Man wird wohl zugestehen, dass uns, als auf dem Stand- 
punkte des kosmischen Dyoismus Stehenden, diese Ver- 
kennung des objectiven Denkens im Universum seltsam er- 
scheinen muss. Wenn dann aber auch einmal ein Gehirn 
darin befindlich gedacht würde, etwa so gross wie der Mond, 
würde das dem es Verlangenden genügen? würde dabei 
überhaupt der Umfang der Hirnmasse irgend Bedeutung 
haben für den Inhalt des Denkens? wie ja schon die kleinsten 
Hirn-Ganglien mancher kleinster Insecten weit mehr Intelleet 
zeigen, als die weit grösseren Gehirne grösster Thiere; und 
endlich bleibt immer entscheidend als Argument, dass doch 
auch das angenommene Weltgehirn, so gross wie der Mond, 
vorher selber gedacht worden sein müsste. Unstreitig ist 
richtig anzunehmen, die Hirne sind ein Werk der allgemeinen 
im Weltall herrschenden Teleologie; sie haben den Zweck 
für die Organismen, theils mittels der Sinne Kenntnisse der 
Aussenwelt aufzunehmen, theils, nachdem diese eine gewisse 
psychische, intelleetuele und moralische Behandlung und 
Zubereitung erfahren haben, den Willen auf die Aussenwelt 
zu äussern mittels der Musculatur. Was den ersten Zweck 
betrifft, so folgt daraus schon, dass unannehmbar ist die
	        
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