: A. Mühry.
wir nicht der noch ziemlich gewöhnlichen unklaren Meinung
beistimmen, das Denken und das Sein seien sich einander
entgegengesetzt in der Art, dass das Denken gar keine reale
Existenz habe; zum Natur-Ganzen gehört auch das Denken;
sogar eine Illusion hat ja eine reale Existenz, nur deren
Inhalt hat sie nicht). Aber wir wollen zugleich daran er-
innern, dass hier die Naturwissenschaft und die Philosophie
vor einem Dilemma sich befinden, ähnlich wie es in deren
Geschichte schon öfters, ja nicht selten, sich ereignet hat,
bestehend darin, dass eine neu erworbene Einsicht für un-
annehmbar gehalten wurde aus dem äusseren Grunde, weil
ein allgemein als geltend anerkanntes Naturgesetz der An-
nahme widersprach, welches Gesetz jedoch nur in der Ein-
bildung bestand und schliesslich als unberechtigt erkannt
und aufgehoben wurde vor der langsam, aber unaufhaltsam
andringenden Wahrheit. Es mögen hier drei solcher ge-
schichtlich vorgekommener Beispiele von hinderlich gewesenen
Pseudo-Naturgesetzen in Erinnerung gebracht und angeführt
werden, zur Vergleichung und Nutzanwendung.
KEPLER wurde bekanntlich längere Zeit gehindert, die
elliptische Gestalt der Bahn des Planeten Mars, welche er
entdeckt hatte, anzunehmen, weil auch er die uralte, doch
nur rein metaphysische irrige, Meinung hegte, »der Kreis sei
die vollkommenste Linie und daher könnten so vollkommene
Wesen, wie die Himmelskörper seien, nur in dessen Gestalt
gleichmässig sich fortbewegen«. So stand ihm entgegen ein
blos vermeintliches Gesetz, was er vorher zu überwinden
hatte, und er hat es überwunden; dann aber stand es auch
der Anerkennung der neuen Wahrheit entgegen bei der
Mitwelt. — Aehnliches hat sich wiederholt bei der. Ent-
deckung der allgemeinen Gravitation durch NewTox. Wir
wollen uns hier der Worte des JoHn STUART ML bedienen
im System of Logic): »NEwTON sagte in einem Briefe an
BENTLEY: ‚Es ist undenkbar, dass leblose rohe Materie,
ohne die Zwischenkunft von etwas Immaterielen, einwirken
kann auf andere Materie, ohne gegenseitige Berührung.’ . .
Dass die Schwere inhärirend sei der Materie, so dass ein
Körper auf einen anderen einwirken könne aus der Ferne
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