9. Atomistische Theorie der Elektrizität (Elektronentheorie) 111
haft später an suspendierten Körperchen in Luft Ladungen beobachtet, die er-
heblich kleiner als e sind, nach seinen Angaben bis 1000 mal kleiner. Gegen dieses
Ergebnis haben jedoch andere Forscher, wie Regener, Baer, Nestle u. a., schwer-
wiegende Einwände erhoben”*), denen zufolge man heute wohl fast allgemein
Ehrenhafts Annahme der Existenz von „Subelektronen‘“ hat fallen lassen.
Wir fahren nun in unserer Entwicklung des Aufbaus der modernen
physikalischen Erkenntnisse fort. Die Hönigschmidsche Unter-
suchung hatte, wie erwähnt, die Existenz der sog. isotopen Elemente
sichergestellt. Das gewöhnliche Blei mußte danach mit größter Wahr-
scheinlichkeit als ein Gemisch verschiedener isotoper Atomarten (RaB,
RaD, RaG u. a.) aufgefaßt werden, und es lag somit nahe, sich zu
fragen, ob nicht am Ende auch die gewöhnlichen chemischen Elemente,
die nicht radioaktiven Charakter tragen, vielleicht derartige Gemische
verschieden schwerer, aber chemisch identischer Atomarten darstellen.
So abwegig diese Annahme zuerst erschien, sie hat sich vollkommen
bestätigt, und zwar durch die rasch zur Berühmtheit ‚gelangten Unter-
suchungen von Aston, einem Schüler J. J. Thomsons”5). Bereits
letzterer hatte aus magnetischen und elektrischen Ablenkungsversuchen
für Kanalstrahlteilchen (positive Korpuskeln) das Verhältnis e/m be-
stimmt. Aston gelang es, die Methode so zu vervollkommnen, daß
sie aus der Lage der Ablenkungsflecke die Masse der Teilchen bis auf
die dritte und neuerdings sogar die vierte Stelle genau zu bestimmen
gestattet (da die Ladung als gegeben anzusehen ist). Es zeigte sich
nun, und zwar zunächst bei dem Edelgase Neon, daß die Lage dieser
Flecke bei zahlreichen chemischen Elementen nicht dem ‚chemischen
Atomgewicht‘“ entspricht, sondern daß an Stelle dessen meist mehrere
Flecke für ein Element auftreten, deren Massenwerte ganzzahligen
Werten in der Nähe des chemischen Atomgewichts entsprechen. Das
Neon beispielsweise hat das chemische Atomgewicht 20,2, es liefert
aber in Astons „Massenspektrogrammen“‘‘ (Abb. 22) nur je einen
Fleck bei m = 20 und m = 22. (Die übrigen auf dem Bilde in der
ersten Reihe noch zu sehenden Flecke stammen von anderen Gasen
her.) Ebenso erhielt Aston bei Chlor keinen Fleck für m = 35,4
(chemisches Atomgewicht), wohl aber solche bei 35 und 37, außerdem
solche bei 36 und 38, die er auf einwertige Ionen HCl zurückführt.
Auf diese Weise erwiesen sich nun die weitaus meisten Elemente der
Chemie als ‚„Mischelemente‘‘, nur wenige (Kohlenstoff, Stickstoff ?,
Fluor, Natrium, Aluminium, Phosphor und Arsen, vielleicht auch Jod)
scheinen Reinelemente zu sein, d.h. nur Atome von einerlei Art zu
enthalten. Manche enthalten ganz überraschende Zahlen von Isotopen
(so sind von Hg bisher 8 bekannt; im ganzen scheint die Zahl mit
wachsendem Atomgewicht zu steigen).
Es mag weiter hier ein Wort über die merkwürdige Tatsache eingeschaltet
werden, daß trotz dieser unzweifelhaften Zusammensetzung so vieler Elemente