222 I. Kraft und Stoff
welchem Recht behauptet nun hier der Forscher etwas, was er doch be
direkt nicht beobachtet hat, ja zumeist (bei Extrapolationen, die viel ei
wichtiger sind als Interpolationen) gar nicht messen kann % ke
Wir nennen den Schluß vom Besonderen auf das Allgemeine das ru
induktive Verfahren. Der angeführte Sachverhalt bildet die erste Stufe is‘
dieses die ganze Naturwissenschaft beherrschenden Verfahrens, es han- Su
delt sich bei ihm um die Verallgemeinerung der Einzelfälle zum D
Gesetz. Die zweite noch wichtigere Stufe, die Verallgemeinerung Cm
der Spezialgesetze zum allgemeinen Gesetz hat uns bereits .
in Kap. 3 ausführlich beschäftigt. 7
Man kann die angeführte Frage auf sehr verschiedene Weisen in der sa
erkenntnistheoretischen Literatur beantwortet finden. Für den Ratio- ze
nalismus Kantischer Prägung und auch für den Positivismus ist die In
Erklärung darin zu suchen, daß der Mensch in die Erscheinungen die wı
Ordnung des „Gesetzes“ hineinliest; nach dem Rationalismus, weil er a
das auf Grund einer apriorischen Kategorie muß, nach dem Positivis- A]
mus und Konventionalismus, weil das die Übersicht zweckmäßig er- fa,
leichtert und praktisch nutzbar macht. Die Beobachtungen, so sagen 28
beide, zeigen in alle Ewigkeit, und mögen wir sie noch so zahlreich gi
häufen, doch nur die einzelnen Punkte der betreffenden Zeichnung — m
und diese noch, wie wir von vornherein wissen, mit Fehlern behaftet. dl
Die Kurve, d. i. das allgemeine Gesetz, fügt der Mensch aus sich hinzu, ep
und er ist in diesem Betracht bis zu einem gewissen Grade frei, da eine 1
Kurve, die durch festgegebene Punkte gehen soll, stets innerhalb ge- 5
wisser Grenzen ‚‚varliert‘ werden kann. Wenn man trotzdem eine ;
ganz bestimmte wählt, z. B. für die Anziehungskraft der Körper gerade AU
das einfache Gesetz 1/7? und nicht, was an sich ebensogut möglich wäre, 08
1/72%0000007 / 59 liegt das lediglich an der Denkökonomie. Es ist bequemer SC
mit 2 als mit 2,0000007 zu rechnen, und da die Beobachtungen sich Si
gleich gut mit beiden Formeln vertragen, so rechnen wir halt mit der el
einfachsten. Ein instinktives Gefühl warnt wohl einen jeden, der zum a}
ersten Male diese Überlegung an einem so krassen Beispiel [es ist übrigens va
keineswegs konstruiert!79)] vorgeführt erhält, daß irgend etwas daran
doch nicht in Ordnung sein kann. Sollte es wirklich einerlei sein, ob
im Exponenten des Gravitationsgesetzes statt der 2 irgendein solcher .
ganz ausgefallener Bruch steht? Ein Kosmos scheint zusammen- i
zustürzen und einem Chaos der Willkür Platz zu machen. (Aus diesem u
Grunde mögen sich auch die Vertreter religiöser Weltauffassung, welche
neuerdings gern sich positivistischer Erkenntnistheorien bedienen, um
der Objektivität der Naturgesetze auszuweichen, dies erst dreimal ;
überlegen!) Wir wollen sehen, ob wir der Sache nicht doch ein anderes ‘
Gesicht abgewinnen können. Zu diesem Ende seien die Fallgesetze
als einfachstes Beispiel kurz betrachtet. Es ist zunächst klar, daß die SF