348 III. Materie und Leben
schen‘ Hilfsbegriffs zuzuweisen, während in Wirklichkeit das, was wir
so nennen, nur eine Welle auf dem Strom des Geschehens darstellte, Pflar
ohne bestimmten Anfangs- und Endpunkt, eine Einheit nur für unser über:
abstrahierendes Denken bildend, in Wahrheit ein unübersehbar ver- schat
wickelter Komplex von tausend und aber tausend Einzeldingen und achte
Vorgängen. Wir werden unten sehen, inwiefern ein solcher radikaler übrig
Relativismus am Ziel vorbeischießt, wenden uns aber nun zunächst W:
zu dem bisher immer nur flüchtig gestreiften uns 1
liege]
4. Problem der Vererbung Kein
das wegen seiner hervorragenden Wichtigkeit auch im Interesse späterer (also
Gedankengänge eine besondere Erörterung verdient. Die ‚‚Vererbungs- Sam:
lehre‘“ hat sich in letzter Zeit zu einer besonderen Wissenschaft??1)
ausgewachsen, wir wollen zunächst die wichtigsten Tatsachengruppen
uns vor Augen führen, und sodann die Vererbungstheorien kurz dis-
kutieren.
Nach der heute ziemlich allgemein anerkannten Lehre Weismanns
sondern sich von Anfang an in der embryonalen Entwicklung diejenigen
Zellen aus, die später zu den sog. Mutterzellen der Keimzellen werden.
Sie bilden die von Generation zu Generation direkt weiterführende, Abb.
von Weismann so genannte Keimbahn, während die Körperzellen
oder das Soma von ihnen nur sozusagen jedesmal abgespalten werden,
ähnlich wie aus einem in der Erde dahinkriechenden Wurzelstock sich
von Zeit zu Zeit neue Pflänzchen erheben. Die durch das Schema
Abb. 58 wiedergegebene übliche Auffassung, wonach die Keimzellen
Produkte des Körpers, dieser wieder das Produkt der Keimzellen (der
vorigen Generation) wäre, ist also in ihrer ersten Hälfte falsch. Die
Keimzellen der lebenden Generation sind nicht das Produkt
der Körper, in denen sie eingelagert sind, sondern das direkte
Produkt der Keimzellen der vorigen Generation, aus denen stöck
andererseits auch die Somazellen der lebenden Generation zeller
hervorgegangen sind. Das Schema Abb. 59 gibt also die richtigere große
Auffassung wieder. Trotz der außerordentlich vielen Anfeindungen und Varie
Anzweiflungen, denen diese Lehre Weismanns von der Kontinui- in Zzv
tät des Keimplasmas zuerst ausgesetzt war, hat sie sich siegreich die e
durchgesetzt, namentlich seitdem es gelungen ist, die isolierte Entwick- ursp
lungsbahn der Keimzellen in der sog. Cellineageforschung direkt zu Som
verfolgen. Es ist von fundamentaler Wichtigkeit für die ganze Auf- Som
fassung der Vererbung nicht nur, sondern auch zahlreicher anderer, das 7
soziologischer und sogar politischer Fragen, daß man sich diese neue, Grup
umwälzende Erkenntnis, die wir Weismann verdanken, klarmacht. zieml
Doch mag bemerkt werden, daß bei den höheren Pflanzen die Trennung üblic]
zwischen Keimbahn und Soma weniger scharf ausgeprägt ist, daß die Hälft
zelle