Full text: Ergebnisse und Probleme der Naturwissenschaften

364 III. Materie und Leben 
rungen der heutigen Vererbungswissenschaft voll bestätigt. Es kommt 
hier noch ein Umstand hinzu, den wir bisher übergangen haben, der 
aber überhaupt bei allen mendelistischen Experimenten eine Rolle spielt. 
Die äußerlich sichtbaren Eigenschaften eines Individuums - 
werden nicht als solche vererbt, vererbt wird vielmehr nur Du 
die Anlage, unter gewissen äußeren Bedingungen die betref- In 
fende Eigenschaft hervorzubringen. Nun kann eine solche äußer- KO 
liche Eigenschaft jedoch sehr wohl auch das Produkt des Zusammen- Za 
wirkens mehrerer derartiger „Erbeinheiten‘‘ oder „Gene‘‘ sein. Macht un 
man in solchem Falle einen Mendelversuch, so ergeben sich auf den ersten die 
Blick völlig von der Regel abweichende Verhältnisse, es gelten nicht nur Hi 
nicht die einfachen Mendelschen Zahlen, sondern es treten unter Um- ve 
ständen in der Enkelgeneration ganz neue Exemplare auf, mit Eigen- ka 
schaften, die sowohl von den beiden Eltern wie von dem Bastard ab- N ri 
weichen. Beispiele findet der Leser in jedem Lehrbuch der Vererbungs- {ro 
wissenschaft. Ganz allgemein kann man also sagen, daß man es einem = 
äußerlich auftretenden Merkmal nicht ohne weiteres ansehen kann, wo 
ob es auf nur einem Erbfaktor oder mehreren beruht, da die Poly- Li 
merie, d. i. die Verursachung einer einzelnen Eigenschaft durch mehrere Sb 
Erbfaktoren, in vielen Fällen zweifelsfrei gesichert ist. Hieraus ergibt fül 
sich dann leicht eine neue Möglichkeit für das Auftreten einer schein- des 
bar konstanten Bastardvererbung. Ist nämlich z. B. der Unterschied vi 
der Hautfarbe zwischen Neger und Weißem polymer — und das In 
scheint der Fall zu sein —, dann sind schon deshalb, da es sich dann kö1 
um eine polyhybride Kreuzung handelt, die rein homozygoten Indi- wor 
viduen in der Nachkommenschaft sehr selten, das Gros besteht wieder vor 
aus teils homozygoten, teils heterozygoten Individuen, denen sonach 
eine Mittelstellung zukommen muß, was im vorliegenden Falle nichts ie} 
anderes als eine mittlere Hautfarbe bedeutet (soweit nicht Domi- Au 
nanz den Durchschnitt nach der einen Seite verschiebt). Trotzdem Me: 
werden aber vereinzelt natürlich auch einmal fast rein weiße oder Ca 
rein schwarze Exemplare vorkommen, und dies ist wirklich genau der Kle 
Befund, den man beim Durchmustern einer solchen Bevölkerung stets OL 
angetroffen hat. — Man erkennt nun zugleich aber wohl, wie außer- eig, 
ordentlich schwierig diese Erklärung auszuschließen ist in solchen Fällen, N ra 
wo scheinbar eine konstante Vererbung von Bastardeigenschaften Os 
(Mischformen) vorliegt. Es gehören schon ganz außerordentlich um- bes 
fangreiche Kreuzungsversuche mit Tausenden von Exemplaren dazu, N Hill 
um zu sicheren Ergebnissen zu kommen, denn — dies gilt für die Fall 
gesamte Mendel- Forschung — die einfachen Mendelschen Zahlverhält- lich 
nisse zeigen sich natürlich in der Wirklichkeit nur entsprechend den und 
Gesetzen des statistischen Zufallskalküls, anders gesagt, es gilt hier Cine 
wie überall das „Gesetz der großen Zahlen‘: die theoretischen lich
	        
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